Bericht zu Projekt "Opus" UN enttarnen Geheimprojekt in Libyen
Es klingt wie ein Spionagethriller - ist aber ein UN-Report: Vor der Küste Libyens sollten laut einem Medienbericht westliche Einsatzkräfte türkische Schiffe stoppen - und so den abtrünnigen General Haftar unterstützen.
Im Bürgerkriegsland Libyen war offenbar eine Geheimmission privater Einsatzkräfte im Gange - gelenkt aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das geht aus einem Bericht der Vereinten Nationen hervor, aus dem die Nachrichtenagenturen dpa und Bloomberg zitieren. Dubiose Sicherheitsfirmen wollten demnach den libyschen Warlord Chalifa Haftar unterstützen - und schmuggelten dazu Hubschrauber und planten Überfälle auf Schiffe im Mittelmeer.
Als Wissenschaftler ausgegeben
Die Nachrichtenagentur dpa konnte den knapp 80 Seiten langen, vertraulichen UN-Bericht einsehen. Ende Juni 2019 stiegen demzufolge mindestens 20 Personen im jordanischen Amman in eine Turboprop-Frachtmaschine. Sie kommen aus Australien, Frankreich, Malta, Südafrika, Großbritannien und den USA. Offiziell sind sie im Auftrag der Wissenschaft unterwegs und sollen in Libyen "geophysikalische und hyperspektrale Untersuchungen" im Auftrag Jordaniens ausführen. Doch der UN-Bericht nennt das eine "Vertuschungsgeschichte".
Unterstützung für Haftar?
Es handelt sich den Informationen zufolge um Mitglieder privater Militärfirmen, ihr Plan ist weit weniger friedlich. Ihr Ziel ist Bengasi im Osten des Bürgerkriegslandes. Bengasi ist die Hochburg des mächtigen Generals Haftar, der vor mehr als einem Jahr eine Offensive auf die Hauptstadt Tripolis im Westen startete und dort die international anerkannte Einheitsregierung des Landes stürzen will. Zu seinen Verbündeten zählen die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Russland, Frankreich und Ägypten.
Immer wieder gab es Berichte über illegale Lieferung von Waffen. Ein UN-Bericht kam jüngst zu dem Schluss, dass sich bis zu 1200 Paramilitärs einer russischen Sicherheitsfirma im Land befänden.
Sollten Versorgungswege unterbrochen werden?
Doch der Marsch Haftars auf Tripolis blieb trotzdem stecken, was auch an der ausländischen Unterstützung für die Einheitsregierung lag: Regierungschef Fajis Al-Sarradsch hat Italien, Katar und die Türkei auf seiner Seite. Waffenlieferungen aus Ankara trotz eines geltenden UN-Embargos für das ganze Land sind gut dokumentiert.
Hier kommen die eingeflogenen Einsatzkräfte ins Spiel, die von den Experten ausdrücklich nicht als "Söldner" bezeichnet werden. Sie sollen demnach den Waffennachschub aus der Türkei abfangen. "Das Gremium ist der Ansicht, dass ein Ziel von Projekt 'Opus' darin bestand, (Haftar) mit der Fähigkeit auszustatten, den Seeweg für Waffen von der Türkei zur Einheitsregierung in Tripolis zu unterbrechen".
Kampfhubschrauber und -boote beschafft
Das belege auch eine ausgewertete Unterhaltung Beteiligter: In ihr heiße es, die Aufgabe sei es, "feindliche Versorgungsschiffe zu betreten und zu durchsuchen". Auch von einer "maritimen Angriffsgruppe" sei die Rede gewesen. Die Planung der geheimen Operation wurde dabei nach Ansicht der Experten vor allem von Firmen mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgeführt - namentlich hebt der Bericht "Lancaster6" und "Opus Capital Asset" hervor. Von ihnen seien sechs Militärhelikopter - drei vom Typ "Super Puma" und drei Aérospatiale SA 341 - Mitte Juni 2019 in Südafrika beschafft, zunächst auf dem Landweg nach Botsuana gebracht und von dort nach Bengasi geflogen worden.
Zur gleichen Zeit, Tausende Kilometer entfernt: Am Südzipfel Europas, in Malta, mietete "Opus Capital Asset" dem Bericht zufolge zwei Militärschlauchboote für einen Tagessatz von 5000 Euro für insgesamt 90 Tage. Wie die Helikopter sollten sie demnach mit Maschinengewehren bestückt werden. Am 27. Juni wurden die Boote nach Bengasi gebracht. Alles war vorbereitet, als die Einsatzkräfte Ende Juni mit der Frachtmaschine in der libyschen Stadt landen. Im Süden Bengasis seien sie den Angaben zufolge in einer großzügigen Wohnanlage untergekommen, beschützt von einer örtlichen Miliz.
Plötzliches Ende
Doch schon am 2. Juli - keine Woche nach ihrer Ankunft - brach ihr Anführer die Operation plötzlich ab. Noch am Abend bestieg die Gruppe die beiden Schlauchboote im Hafen von Bengasi, eines von ihnen mussten sie wegen eines Schadens zurücklassen. Nach einer 15-stündigen Fahrt bei Nacht über das Mittelmeer kam sie in Valetta auf Malta an.
Die Hintergründe bleiben auch für die Experten rätselhaft: "Das Gremium hat den Grund für die Evakuierung und das Zurücklassen von Vermögenswerten in Libyen noch nicht ermittelt." Doch auf Malta habe schon ein Anwalt für die Gruppe bereitgestanden, und auch eine neue Vertuschungsgeschichte: Die Personen seien Ölarbeiter und hätten Libyen wegen Unruhen schnellstmöglich verlassen müssen.