Frankreichs Konservative wählen neuen Parteichef Schmerzliche Sehnsucht nach Sarkozy
Die rund 300.000 Mitglieder der konservativen französischen Partei UMP wählen heute ihren neuen Vorsitzenden. Als Favorit gilt Ex-Premierminister Fillon, sein Herausforderer ist der langjährige Fraktionsführer Copé. Aber eigentlich wollen die meisten jemanden, der gar nicht zur Wahl angetreten ist.
Von Evi Seibert, SWR-Hörfunkstudio Paris
Der Mann, der mit 64 Prozent der Stimmen in den Umfragen bei den Parteianhängern ganz vorne liegt, macht gar nicht mit. "Ich fühle mich wie eine Waise, ich hätte gedacht, er würde wiederkommen, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf", erzählt eine UMP-Anhängerin. Eine andere ergänzt: "Wenn er wiederkäme, wäre ich verrückt vor Freude"
Der Kandidat, den sie so schmerzlich vermissen, heißt Nicolas Sarkozy. Und der denkt gar nicht daran, sich zur Zeit in schnöde Parteipolitik zu stürzen. Gut bezahlte Vorträge in New York und Singapur zu halten, macht doch viel mehr Spaß.
"Pantoffelheld" gegen "Gladiator"
Also steigen zwei Kandidaten in Paris in den Ring, die sich schon zu Sarkozys Amtszeit nicht leiden konnten: Der frühere Ministerpräsident Francois Fillon und der bisherige Chef der Partei, Jean Francois Copé. Letzterer hat das Image eines Wadenbeissers, der schon unter Sarkozy keine Gelegenheit ausgelassen hat, sich mit markigen Sprüchen in Szene zu setzen.
Fillon dagegen war die letzten fünf Jahre an der Spitze der Regierung, konnte sich dabei aber gegen den hyperaktiven Präsidenten nie so richtig durchsetzen. Trotzdem war er bei den Franzosen beliebt und führt auch jetzt in den Umfragen gegen Copé. Seit Wochen sticheln die beiden gegeneinander.
Copé versucht, den Ex-Ministerpräsidenten als zu weich darzustellen. Er betreibe lauwarme Opposition in Pantoffeln. Der angegriffene Fillon kontert: "Ich habe keine Lektionen über Härte und Durchsetzungskraft nötig. ich habe mehr Kämpfe durchgestanden und Schläge abbekommen als manche, die sich heute als Gladiator aufspielen."
Gladiator - das ist die Rolle, die der zehn Jahre jüngere Copé spielt. Angriffslustig und ohne Skrupel spricht er von einem neuen "Rassismus gegen Weiße" und rückt damit manchmal gefährlich nahe an die rechtsextreme Marine Le Pen heran. Copé selbst sieht das anders: "Ich bin der Vertreter einer Rechten ohne Komplexe."
Sein Gegner Fillon dagegen präsentiert sich als erfahrener ausgleichender Staatsmann: "Hier geht es nicht nur darum, den neuen Chef einer Partei zu wählen, sondern allen Franzosen wieder Hoffnung zu machen."
Das Ziel ist klar: Hier sollen auch die Weichen für den nächsten konservativen Präsidentschaftskandidaten gestellt werden. Und da könnte durchaus ein lachender Dritter wieder aus der Versenkung auftauchen: Nicolas Sarkozy.