Tschechiens Staatspräsident Václav Klaus Der selbsternannte "EU-Dissident" aus Prag
Für die EU Flagge zu zeigen kommt für ihn nicht in Frage: Trotz scharfer Kritik weigert sich Tschechiens Staatspräsident Klaus energisch die blaue EU-Flagge über seinem Amtssitz zu hissen. Und auch sonst lässt er kein gutes Haar an der Staatengemeinschaft.
Von Peter Hornung, ARD-Hörfunkstudio Prag
Václav Klaus sieht sich gerne als klassischer Liberaler, als Verfechter der freien Marktwirtschaft. Sein Credo ist die Freiheit, auf seinem Schreibtisch steht ein Porträt von Margaret Thatcher. "Ich sehe als Schlüsselthema unserer Zeit das Thema Freiheit und ihre Einschränkung durch Angriffe von verschiedenen Seiten", hat er einmal gesagt.
Kühl und intellektuell ist sein Auftreten, doch dahinter steckt durchaus Leidenschaft, mit der er kämpft, wenn er die Freiheit gefährdet sieht - zum Beispiel durch die allgegenwärtige Warnung vor einer Klimakatastratrohe. Der Klimawandel: Nur ein Hirngespinst, das sich Umweltapostel weltweit für ihre Zwecke zu Nutze machen - so ist sein Weltbild.
Überall lauern Gefahren
Überall sieht Klaus Gefahren für die Freiheit. Das hat auch mit seinen Erfahrungen in kommunistischen Zeiten zu tun, als er noch als Wirtschaftswissenschaftler tätig war. Nach der Wende machte er rasch Karriere: Finanzminister, Parteichef der von ihm mit gegründeten konservativen ODS und später Premierminister und Parlamentspräsident. Klaus war es auch, der zusammen mit dem slowakischen Premier Meciar die Auflösung der Tschechoslowakei betrieb.
Seit 2003 ist Klaus Staatspräsident der Tschechischen Republik - und nahm alsbald die Europäische Union aufs Korn. Gerne sieht er sich dabei als Fels in der Brandung des politischen Mainstreams, erklärt den Regierungspolitikern die Welt. So geschehen am 30. April 2004, am Vorabend des Beitritts seines Landes zur Europäischen Union: "Heute um Mitternacht hört die Tschechische Republik als unabhängiges, staatliches Ganzes auf zu existieren und wird jetzt Teil der Europäischen Union", sagte er damals.
Selbsternannter "EU-Dissident"
Die EU, die mit überbordendem Bürokratismus die Freiheit seines Landes einschränkt, das ist seither eines der Lieblingsthemen von Klaus, der sich "EU-Dissident" nennt. Schon am ersten Verfassungsentwurf der Union ließ er kein gutes Haar, ebenso wenig wie am nun vorliegenden Lissabon-Vertrag. Dass die Iren diesen Vertrag per Referendum zunächst zurückwiesen, passte Klaus gut ins Kalkül. "Das irische Nein bedeutet ganz klar, dass der Vertrag am Ende ist", sagte Klaus im Juni 2008. "Ihn wiederzubeleben? Wiederbeleben kann man nur Patienten, aber nicht Verträge der Europäischen Union."
Keine Kooperationsbereitschaft
Im Konflikt über den EU-Vertrag hat Klaus inzwischen sogar mit seiner Partei, der ODS gebrochen. Nach monatelangem Streit mit dem eher pragmatisch orientierten Parteichef, Premier Mirek Topolanek, zog sich Klaus, der Dogmatiker, als Ehrenvorsitzender der ODS zurück. Klaus ist ganz offenbar gewillt, dem neuen EU-Ratsvorsitzenden Topolanek so viele Knüppel zwischen die Beine zu werfen, wie es nur geht. Schon hat er angekündigt, die Ratifikationsurkunde nicht zu unterschreiben, bevor nicht die Iren erneut über den Lissabon-Vertrag entschieden haben.
Keine EU-Flagge am Prager Amtssitz
Sicher ist zudem, dass Klaus auf ein Symbol des vereinten Europa verzichten wird, auch wenn er dafür gerade vom scheidenden Ratspräsidenten Sarkozy kritisiert wurde: Die blaue EU-Flagge mit den Sternen werde nicht über seinem Amtssitz, der Prager Burg, wehen. Das sei sicher. Bei seinem Volk allerdings ruft die EU-kritische Haltung von Klaus nicht nur Zustimmung hervor. War er lange Zeit der mit Abstand beliebteste Politiker des Landes, äußerte sich jüngst bei einer Umfrage jeder Zweite kritisch über Klaus. Doch selbst wenn sich der Wind nun drehen sollte: Klaus wird auch das ertragen. Das Selbstbewusstsein dafür hat er auf jeden Fall.