Der Aufstand gegen das Assad-Regime Die umkämpften Städte in Syrien
Der Bürgerkrieg in Syrien wird in mehreren Städten ausgetragen - momentan konzentrieren sich Aufständische und Armee auf die Metropole Aleppo. Doch auch Assads Machtzentrum Damaskus bleibt Schauplatz, zuletzt immer häufiger durch Anschläge. Der Aufstand begann vor 16 Monaten in Daraa im Süden des Landes. Mittlerweile sind mindestens 14.000 Menschen gestorben. Ein Überblick über einige umkämpfte Städte.
Daraa - der Beginn des Aufstands gegen Assad
Daraa im Süden des Landes mit rund 80.000 Einwohnern gilt als eine der Keimzellen der Proteste gegen das Assad-Regime. Die Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks liegt an der strategisch wichtigen Fernstraße von Damaskus in Richtung Jordaniens Hauptstadt Amman. Wirtschaftliche Basis der Region ist die Landwirtschaft.
Im März 2011 versammelten sich hier erstmals Tausende Menschen. Sicherheitskräfte riegelten daraufhin die Stadt zeitweise ab. Bei der Erstürmung der historischen Al-Omari-Moschee durch Regierungstruppen wurden Dutzende Demonstranten getötet. Nachdem die ersten Todesopfer zu beklagen waren, versprach die Regierung erstmals Reformen. Doch die Gewalt auch gegen Zivilisten ging weiter. Auch Daraa geriet in den folgenden Monaten immer wieder ins Visier der syrischen Truppen.
Die Hauptstadt Damaskus
Hier, im politischen und kulturellen Zentrum des Landes, liegt die Machtbasis von Präsident Baschar al Assad. Die Stadt hat rund 1,5 Millionen Einwohner, im Großraum Damaskus leben 3,7 Millionen. Die Altstadt mit der im Jahr 705 fertiggestellten Umajaden-Moschee steht seit 1979 auf der UNESCO-Welterbeliste.
Im Dezember 2011 wurden erstmals Selbstmordanschläge in der Hauptstadt verübt. 44 Menschen wurden getötet, die Regierung machte das Terrornetzwerk Al Kaida für die Taten verantwortlich. 2012 wurden zwei weitere Anschläge verübt - im März auf Regierungsgebäude, mehr als 30 Menschen sterben. Im Mai kommen bei einem Anschlag auf ein Foltergefängnis nach unterschiedlichen Angaben 55 bis 70 Menschen ums Leben.
Mit ihrer Offensive "Damaskus-Vulkan" trugen die Aufständischen die Kämpfe Mitte Juli erstmals in die Hauptstadt. Nach heftigen Kämpfen eroberten Regierungstruppen die Bezirke Al-Messe, Al-Midan und Barse zurück. Bei einem Anschlag auf ein Regierungsgebäude am 18. Juli wurden der Asad-Schwager und Vize-Kommandeur der Streitkräfte, Assef Schaukat, sowie Verteidigungsminister Daud Radscha getötet.
Aleppo - momentan Schauplatz der Kämpfe
In Aleppo, rund 50 Kilometer südlich der türkischen Grenze und etwa 200 Kilometer vom Libanon entfernt, leben rund zwei Millionen Menschen. Die Stadt hat wegen ihrer grenznahen Lage für die Aufständischen eine wichtige Bedeutung. Experten gehen davon aus, dass die Waffenhilfe, die die Freie Syrische Armee aus dem Ausland erhält, über die Türkei hierhin gelangt.
Die Stadt ist zudem die Wirtschaftsmetropole Syriens. Hier kreuzen sich die aus dem Osten und Süden kommenden Handelswege. Waren etwa aus Indien, Ägypten und Europa werden dort umgeschlagen. Abgesehen von Erdöl werden viele Exportgüter in Aleppo produziert oder verarbeitet: Produkte der petrochemischen und pharmazeutischen Industrie, Textilien und Teppiche sowie Lebensmittel.
Aleppo zählt zu den ältesten kontinuierlich besiedelten Städten der Welt. Mit ihrer Zitadelle, der Großen Moschee, Stadtmauer, Türmen und Palästen ist sie auch eine bedeutende Kulturstadt. Die Altstadt zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Bundesregierung unterstützt die Sanierung der Altstadt seit 1994. Seit dem Beginn der Kämpfe in Syrien ruht die Arbeit der deutschen Vertretungen.
Aufständische und Regierungstruppen kämpfen derzeit um Aleppo. Die Aufständischen kontrollieren mit nach eigenen Angaben mehr als 5000 Mann weite Teile der Stadt im Nordwesten des Landes. Den Kampf um Aleppo bezeichnen sie als "Mutter aller Schlachten". Syrien-Experten gehen davon aus, dass das Assad-Regime den Verlust Aleppos tatsächlich nicht verkraften könnte. Die dort zusammengezogenen Regierungstruppen begannen eine Offensive, um die Oppositionellen wieder zu vertreiben.
Homs - Rückzugsort der Aufständischen
Die Stadt im fruchtbaren Nordwesten des Landes ist ein Zentrum der syrischen Textilindustrie. Seit Beginn des Volksaufstandes gegen das Assad-Regime wurde die Rebellenhochburg mehrfach Ziel massiver Angriffe der syrischen Armee. Allein im Februar 2012 sollen dort nach Berichten arabischer Fernsehsender bei stundenlangem Panzerbeschuss durch die syrische Armee zwischen 260 und 330 Menschen getötet worden sein. Die Opposition beziffert die Zahl der Toten in Homs auf bislang mindestens 4900 der rund 800.000 Einwohner.
In der Provinz Homs löste das Massaker von Al Hula im Mai weltweites Entsetzen aus. 108 Zivilisten wurden getötet, darunter viele Frauen und Kinder. Einwohner machen die regimetreue Schabiha-Miliz verantwortlich, auch eine Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats geht davon aus, dass die Täter aus dem Regierungslager kommen.
Hama - bereits 1982 im Visier des Regimes
Viele der Einwohner der Stadt in Mittelsyrien haben sich inzwischen in andere Landesteile oder jenseits der Grenze vor dem Kämpfen in Sicherheit gebracht. Hama liegt an der Fernstraße zwischen Aleppo und Damaskus.
In den vergangenen Monaten ging Assad dort mehrfach auch mit Panzern gegen Aufständische vor. Knapp 1000 Menschen kamen dort bisher nach Oppositionsangaben ums Leben. Im Dorf Tremseh nordwestlich von Hama sollen bei einem Massaker am 12. Juli mehr als 200 Menschen getötet worden sein. Opposition und Regierung machen sich gegenseitig für die Tat verantwortlich.
Schon Assads Vater und Amtsvorgänger Hafis al Assad hatte 1982 die rebellische Stadt bombardieren lassen. Damals hatte die dort besonders aktive Muslimbruderschaft zum Widerstand gegen Assad aufgerufen. Bis zu 30.000 Menschen wurden getötet.
Die Berichterstattung aus Syrien ist wegen der vom Assad-Regime verhängten Medienblockade äußerst schwierig. Eine unabhängige Überprüfung beispielsweise von Opferzahlen ist deshalb kaum möglich.