Frage vom 30.03.2011 Hat die EU Grenzwerte für Lebensmittel erhöht?

Stand: 30.03.2011 18:40 Uhr

Umweltschützer haben die EU-Kommission wegen des Umgangs mit möglicherweise radioaktiv verseuchten Lebensmitteln kritisiert. Angeblich habe die EU die Grenzwerte erhöht, und Lebensmittel dürften nun stärker radioaktiv belastet sein als im Normalfall. Die EU wies dies zurück.

Das ist politisch gedacht eine gute Frage. Zwei Dinge sind in der Tat schwer vermittelbar: erstens der Zeitpunkt und zweitens die Tatsache, dass - rein rechtlich - nun Lebensmittel, die in Japan selbst verworfen würden, bei uns verkauft werden dürften. Soweit die Politik. Fakt ist aber auch, dass selbst die Organisation Foodwatch, die den Vorgang an die Presse gebracht hat, keine zusätzliche Gefahr für die Menschen in Europa sieht.

Foodwatch sieht keine Gefahr für die Menschen

Nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl hat die EU vorläufige Regeln mit Grenzwerten für Nahrungsmittel-Einfuhren festgelegt. Die wurden immer wieder verlängert und verändert. Parallel dazu wurde aber auch eine Regelung beschlossen, nach der die Europäische Union bei kommenden Reaktorunfällen reagieren wollte. Grundsätzlich und gemeinsam, einheitlich. Diese Regelung hat ein paar klare Sicherheitsvorteile: Waren aus einer Region mit erhöhter Strahlung dürfen nur in bestimmten Flug- und Seehäfen angelandet werden, sie müssen angemeldet werden und brauchen ein zusätzliches Zertifikat. Außerdem prüft die EU jede 10. Lieferung nach eigenen Regeln. Das ist deutlich mehr als sonst.

EU-Grenzwerte höher als in Japan selbst

Aber: in dieser Regelung sind dann auch für Importe aus dieser Region höhere Belastungen zulässig. Die Werte aus der Tschernobyl-Verordnung sind in etwa vervierfacht. Allerdings gilt das eben nur für 12 japanische Bezirke. Tatsächlich liegen die Werte dann aber höher als die derzeit gültigen Grenzwerte in Japan selbst. Die EU argumentiert: ihre Wissenschaftler hielten diese begrenzte Erhöhung für unschädlich. Ob sie tatsächlich nötig ist, ist eine ganz andere Frage. Nahrungsmittel aus Japan werden hier schon in normalen Zeiten kaum eingeführt und im Nordosten des Landes haben die Menschen gerade ganz andere Sorgen, als Europa mit Spinat zu beglücken.

Die gesamte Regelung ist ursprünglich gedacht, um die Versorgung in den Zeiten atomarer Krisenfälle sicher zu stellen. Die Frage ist, ob die EU gut daran getan hat, sie ausgerechnet jetzt in Kraft zu setzen, wo sie wenig Schutz bietet und viel Verwirrung stiftet.  Infos auch beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Fragen zu Fukushima

Die SWR-Uweltredakteure Werner Eckert und Axel Weiß haben im Blog zahlreiche Fragen zu Fukushima beantwortet. tagesschau.de hat diese ursprünglich für das Blog verfassten Texte nun zu einem Dossier zusammengefasst.