Frage vom 28.03.2011 Plutonium in Fukushima - was bedeutet das?
Plutonium ist ein Reizwort: Es ist extrem giftig, krebsauslösend und eine der Grundlagen für die Kernwaffenproduktion. Im Boden am havarierten Atomkraftwerk in Fukushima wurden nun Spuren von Plutonium gefunden. Ist das ein Beleg für eine Kernschmelze?
An fünf Stellen auf dem Kraftwerksgelände haben Bodenproben vom 21. Und 22. März schon Spuren von radioaktivem Plutonium enthalten. Plutonium ist ein Reizwort, vielleicht weil es in vielen Zusammenhängen immer wieder als etwas Besonderes dargestellt wird. Es ist eine der Grundlagen für die Kernwaffenproduktion, es ist giftig und gilt als extrem krebsauslösend.
Tatsächlich ist sehr wenig von dem Stoff in den Proben gefunden worden. So wenig, dass es kaum zu messen war. Spannend ist das Verhältnis verschiedener Isotope des Plutoniums. Es gibt unterschiedlich „schwere“ Varianten. Vor allem das Mengenverhältnis von Plutonium 238 zu 239 und 240 gibt Aufschluss darüber, wann die Stoffe frei geworden sind. Plutonium 238 hat eine viel kürzere Halbwertszeit – mit der Zeit „verschwindet“ es deshalb aus den Proben. In drei Fällen handelt es sich demnach um Altlasten aus der Zeit der Atombombenversuche. Damals ist weltweit fein verteilt auch Plutonium niedergegangen. Aber in zwei weiteren Proben fand sich frisches Plutonium.
Weiterer Beleg für eine Kernschmelze
Nun ist der Stoff ein Schwermetall und alles andere als leicht flüchtig. Anders als Jod 131 oder radioaktives Cäsium. Um Plutonium aus den Brennstoffen wirklich frei zu bekommen, braucht es große Hitze und Druck. Deshalb sehen viele Forscher in dem Fund einen weiteren Beweis, dass eine Kernschmelze stattgefunden hat oder noch stattfindet. Und dass außerdem mindestens ein Reaktordruckbehälter undicht ist. Dabei ist nicht gesagt, dass der Stoff aus dem Reaktor 3 kommen muss, in dem sich so genannte MOX-Elemente befinden. Mischoxid(MOX)-Brennstoff enthält neben Urandioxid von Anfang an auch nennenswerte Mengen Plutoniumdioxid. (Die Angaben gehen auseinander liegen aber zwischen 4 und 8%.)
Aber auch in den Brennelementen der anderen Reaktoren entsteht im Betrieb Plutonium. Denn wenn das Uran Neutronen auffängt wird es zu Plutonium umgewandelt. Je länger ein Brennstab schon „brennt“, desto mehr Plutonium ist in ihm (maximal 1-2%). Möglicherweise stammt das Plutonium aber auch aus den Brennstäben in einem der Abklingbecken.
Das Strahlenproblem in Fukushima ist derzeit kein Plutonium-Problem. Aber Plutonium führt eingeatmet schon in kleinen Spuren fast zwangsläufig zu Lungenkrebs. Es lagert sich auch in den Knochen ein. Obwohl es überwiegend Alpha-Strahlung aussendet, die schon durch die Haut abgeschirmt wird und „von außen“ nur wenig anrichten kann, löst es eingeatmet oder gegessen und im Körper an den Zellen schwere Schäden aus. Außerdem strahlt Plutonium (239, das am häufigsten vorkommende) extrem lang. (Halbwertszeit von rund 24.000 Jahren)
Die SWR-Uweltredakteure Werner Eckert und Axel Weiß haben im Blog zahlreiche Fragen zu Fukushima beantwortet. tagesschau.de hat diese ursprünglich für das Blog verfassten Texte nun zu einem Dossier zusammengefasst.