Expertengruppe für Bürokratie-Abbau gegründet Stoiber nimmt "Sisyphus"-Arbeit auf
Vom "Bohren an dicken Brettern" und "mutigen Vorschlägen" hat Bayerns Ex-Ministerpräsident Stoiber gesprochen, als er am Vormittag in Brüssel sein neues Amt antrat. Kampf gegen die Bürokratie in der EU heißt seine neue Aufgabe. Eine "Schnapsidee", meint Europapolitiker Schulz.
Sieben Wochen nach seinem Ausscheiden als bayerischer Ministerpräsident hat Edmund Stoiber seinen neuen Posten als Berater für Bürokratieabbau in Brüssel angetreten. Der CSU-Politiker steht in den kommenden drei Jahren einer 15-köpfigen Expertengruppe vor, die den Kampf der EU-Kommission gegen überflüssige Regelungen und Formulare unterstützen soll.
"Das ist ein Bohren an dicken Brettern und erinnert häufig an Sisyphus", sagte Stoiber bei der gemeinsamen Vorstellung seiner Aufgabe mit Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und Industriekommissar Günter Verheugen. Stoiber kündigte "mutige Vorschläge" zum Bürokratieabbau an, nachdem er sich mit seiner Expertengruppe genau über die Probleme informiert habe. Das Gremium soll helfen, das EU-Ziel zu erreichen, bis 2012 überflüssige EU-Vorschriften zu streichen und so die Bürokratiekosten für Unternehmen um 25 Prozent zu senken. Nach Kommissionsberechnungen soll dies 150 Milliarden Euro zusätzlich an Wirtschaftsleistung bringen.
"Er ist der richtige für den Job", sagte Industriekommissar Verheugen, der in der EU-Kommission für Bürokratieabbau zuständig ist, über Stoiber. Dessen Einsatz ist ehrenamtlich; lediglich eine Aufwandsentschädigung soll er erhalten.
Berger und Ludewig in der Arbeitsgruppe
Mit Stoiber zählt die Arbeitsgruppe mindestens drei Deutsche. Neben Unternehmensberater Roland Berger soll auch Ex-Bahnchef Johannes Ludewig dem Gremium angehören, wie Stoiber ankündigte. Ludewig sitzt dem Normenkontrollrat vor, der im Auftrag von Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bürokratiekosten in Deutschland senken soll. Dazu sollen hochrangige Berater aus anderen EU-Staaten kommen. Nach der Ernennung aller 15 Mitglieder will Stoiber spätestens Anfang 2008 die Arbeit aufnehmen. Pro Monat sind in Brüssel ein bis zwei Sitzungen geplant.
Schulz: "Schnapsidee"
Der SPD-Europapolitiker Martin Schulz bezeichnete die Einsetzung einer neuen Brüsseler Arbeitsgruppe für Bürokratieabbau unter Leitung Stoiber als "Schnapsidee". "Die EU braucht vieles, aber keine neuen Arbeitsgruppen", sagte der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament. Ihm sei zudem nicht klar, welchen Beitrag der bayerische Ex-Ministerpräsident zum Bürokratieabbau leisten könne. Stoiber habe in Bayern keine erkennbaren Qualifikationen erworben, die ihn für sein neues Amt befähigten, sagte Schulz. Zwar geben es an einigen Stellen in der EU durchaus Handlungsbedarf beim Bürokratieabbau, doch könne diese Aufgabe auch von Industriekommissar Verheugen wahrgenommen werden.