Katalanischer Ex-Präsident Europäischer Haftbefehl gegen Puigdemont
Der spanische Staatsgerichtshof hat einen Europäischen Haftbefehl gegen den abgesetzten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont erlassen, der nach Brüssel geflohen ist. Der hatte kurz zuvor erklärt, er wolle sich nur den belgischen Behörden stellen.
Die spanische Justiz hat einen Europäischen Haftbefehl gegen den abgesetzten Chef der katalanischen Regionalregierung, Carles Puigdemont, ausgestellt. Das teilte der spanische Staatsgerichtshof in Madrid am Abend mit. Die Justiz wirft Puigdemont wegen der Ereignisse rund um die katalanische Unabhängigkeitserklärung Rebellion, Aufruhr und die Veruntreuung öffentlicher Mittel vor. Puigdemont hatte sich vor wenigen Tagen nach Belgien abgesetzt.
Der 54-Jährige muss nun mit seiner Festnahme rechnen. Ihm droht in Spanien eine lange Haftstrafe. Nach einem Europäischen Haftbefehl muss das Land, in dem die Person festgenommen wird, diese innerhalb von 60 Tagen nach der Festnahme an das Land übergeben, in dem der Haftbefehl ausgestellt worden ist.
Puigdemont will sich nur belgischen Behörden stellen
Unmittelbar vor Ausstellung des Haftsbefehls hatte Puigdemont erklärt, sich nur den belgischen Behörden, nicht aber der spanischen Justiz stellen zu wollen. Dem belgischen Sender RTBF sagte er, dass er Spanien verlassen habe, sei keine Flucht. Er sei in Belgien, weil es unmöglich sei, seine rechtliche Verteidigung in Spanien vorzubereiten.
Zugleich teilte er mit, an der im Dezember geplanten Neuwahl teilnehmen zu wollen. "Ich bin bereit zu kandidieren", sagte Puigdemont. Er betrachte sein abgesetztes Kabinett als legitime Regierung Kataloniens. Wenn sich die Regierung im Gefängnis befinde, könnten Wahlen aber nicht neutral, unabhängig und normal sein.
Anwalt geht gegen Auslieferungsantrag vor
Die spanische Untersuchungsrichterin Carmen Lamela forderte die belgische Staatsanwaltschaft zudem auf, vier weitere mit Puigdemont nach Belgien gereiste Ex-Minister festzunehmen. Zudem schrieb sie die fünf Katalanen zur internationalen Fahndung aus und alarmierte Europol für den Fall, dass sie Belgien verlassen wollen. Sie alle hatten am Donnerstag eine Gerichtsvorladung in Madrid missachtet.
Ob die gesuchten Politiker tatsächlich festgenommen und dann an Spanien ausgeliefert werden, ist noch unklar. Ein Sprecher der belgischen Staatsanwaltschaft sagte der Nachrichtenagentur AP: "Wir werden es prüfen, und es in die Hand eines Untersuchungsrichters legen." Das könne am Samstag, Sonntag oder Montag geschehen: "Wir sind nicht in Eile."
Puigdemonts belgischer Anwalt Paul Bekaert kündigte bereits an, gegen einen Auslieferungsantrag vorzugehen. Bekaert hatte einst Mitglieder der baskischen Terrororganisation ETA vertreten und deren Auslieferung nach Spanien verhindert.
Es gibt noch rechtliche Hürden
Außerdem gibt es noch rechtliche Hürden. Bei dem Europäischen Haftbefehl handelt es sich um ein vereinfachtes Auslieferungsverfahren. Für eine Auslieferung muss der vorgeworfene Straftatbestand in der Regel auch in dem Land existieren, in dem er festgenommen wird. Bei "Rebellion" und "Aufruhr" ist dies in Belgien nicht der Fall. Es gibt aber auch Straftatbestände, bei denen diese Voraussetzung der "beiderseitigen Strafbarkeit" nicht gilt. Nun muss geklärt werden, welche Vorwürfe gegen Puigdemont darunter fallen könnten.
Über die Vollstreckung des Haftbefehls muss nun ein belgischer Richter entscheiden. Die Staatsanwaltschaft in Brüssel erklärte, der Haftbefehl könnte am Wochenende einem Ermittlungsrichter vorgelegt werden und werde dann geprüft.
Haft gegen Ex-Minister sorgt für Kritik
In Spanien sitzen acht abgesetzte katalanische Minister in Untersuchungshaft. Sie waren vor Gericht erschienen und wurden anschließend in Haft genommen. Dieses harte Vorgehen der spanischen Justiz löste auch international Kritik aus.
So schrieb Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon auf Twitter: "Egal, welche Meinung man zu Katalonien hat, die Inhaftierung gewählter Politiker ist falsch und sollte von allen Demokraten verurteilt werden."
Europäische Union hält sich raus
Die Europäische Union will sich weiterhin nicht in den Streit einschalten: Dies sei ausschließlich eine Sache der "Justizbehörden, deren Unabhängigkeit wir akzeptieren", sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. Auch die Bundesregierung bekräftigte ihre Unterstützung für die spanische Zentralregierung. Das "große Interesse" der Bundesregierung sei, dass Verfassungsordnung und Einheit Spaniens erhalten blieben, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.