Ermittlungen im Fall Skripal

EU zum Fall Skripal Vereint gegen Russland

Stand: 23.03.2018 16:34 Uhr

Schuldzuweisungen, Drohungen, Sanktionen - der Streit um den Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Skripal gewinnt noch einmal an Schärfe. Die EU-Staaten verurteilten geschlossen Russland, einige kündigten Sanktionen an.

Viele EU-Staaten hatten bereits Partei ergriffen im Konflikt zwischen Großbritannien nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal im englischen Salisbury. Nun haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU geschlossen hinter London gestellt. Auf dem Gipfel in Brüssel verabschiedeten sie eine Erklärung, die feststellt: Russland sei "höchst wahrscheinlich" für den Anschlag auf Skripal und seine Tochter Julia verantwortlich.

Großbritannien sicherten die Gipfelteilnehmer ihre "uneingeschränkte Solidarität" zu. Zudem rief die EU ihren Botschafter in Moskau zu Konsultationen zurück nach Brüssel.

Einige Staaten kündigten darüber hinaus unilaterale Sanktionen gegen Russland an: Lettland kündigte bereits am Freitag an, "einen oder mehrere" russische Diplomaten auszuweisen. Auch andere EU-Staaten wie Litauen, Irland und Tschechien zeigten sich in Brüssel offen für einen solchen Schritt.

Merkel und Macron

Gemeinsam gegen Russland: Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Macron sind von Russlands Schuld im Fall Skripal überzeugt.

Merkel verteidigt harten EU-Kurs

Deutschland und Frankreich wollen in den kommenden Tagen gemeinsam entscheiden, ob und welche Strafmaßnahmen sie gegen Russland ergreifen. Man sei sich darin einig, dass die Abberufung von Botschaftspersonal als Antwort nicht ausreiche.

Kanzlerin Angela Merkel verteidigte bei einer Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron das harte diplomatische Vorgehen, noch bevor die Chemiewaffenexperten der internationalen Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ihre Ergebnisse vorgelegt habt: Die britische Premierministerin May habe auf dem Gipfel "fundierte Analysen" vorgelegt, die sich "wahrscheinlich" nicht stark von den OPCW-Ergebnissen unterscheiden würden.

Moskau: London will die Konfrontation

Während für die britische Premierminister Theresa May die Gipfelerklärung demonstriert, "dass wir unsere Werte gegen die russische Bedrohung hochhalten", hieß es aus Moskau, London setze alles daran, die EU zu "konfrontativen Schritten" zu bewegen und so die Krise mit Russland weiter zu verschärfen - und das, bevor die Ermittlungen im Fall Skripal überhaupt abgeschlossen seien. Und Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte erneut, Russland habe "absolut nichts mit dem Fall Skripal zu tun". Die EU handele nur aufgrund von Vermutungen.

Der frühere russische Doppelagent Skripal und seine Tochter waren Anfang März in Salisbury vergiftet worden. Die beiden liegen seitdem im Koma. London zufolge wurden beide mit dem hochgiftigen militärischen Nerven-Kampfstoff Nowitschok vergiftet, der zu Zeiten der Sowjetunion entwickelt wurde. Die britische Regierung ordnete nach dem Anschlag die Ausweisung von 23 russischen Diplomaten an. Russland verhängte eine entsprechende Gegenmaßnahme. Die betroffenen britischen Botschaftsmitarbeiter verließen heute Moskau.

Nervengift Nowitschok
Die Sowjetunion hat unter der Bezeichnung Nowitschok (zu deutsch Neuling) zwischen den 1970er- und 1980er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt - im Geheimen, um internationale Verbote zu umgehen. Die rund 100 Varianten gehören zu den berüchtigsten Nervenkampfstoffen, die jemals hergestellt wurden.

Nowitschok, das oft in Form eines extrem feinen Pulvers Verwendung findet, gelangt über Haut oder Atemwege in den Körper und führt meist binnen weniger Stunden zum Erstickungstod. Das Gift ist nur schwer nachzuweisen, die Überlebenschancen der Opfer sind gering. Selbst übliche Gegenmittel wie Atropin können meist nur wenig ausrichten.

Zu Nowitschok sind nur wenige Details bekannt. Vermutlich besteht es aus zwei an sich ungiftigen Komponenten, die ihre tödliche Gefahr erst beim Mischen entfalten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 23. März 2018 um 13:00 Uhr im Mittagsecho.