EU-Treffen zur Seenotrettung "Es ist vielleicht sogar beschämend"
Wie können Mittelmeer-Flüchtlinge innerhalb der EU verteilt werden? Auf diese Frage suchen die Innenminister gerade eine Antwort. Doch was für die einen fast zu wenig ist, ist für die anderen schon zu viel.
Es gibt wohl kein passenderes Bild für die Ausgangslage vor diesem Treffen als den Himmel über Luxemburg an diesem Morgen. Tief grau, fast schon schwarz, und mit Eintreffen der Innenminister begann es dann auch noch zu schütten.
Ganz ähnlich auch die Stimmung, selbst wenn Horst Seehofer vor Beginn noch versuchte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und ankündigte, er werde nichtsdestotrotz bei seinen Kollegen weiter für eine Lösung werben. Für den Plan, den er mit Frankreich, Italien und Malta ausgearbeitet hat. Dieser Plan soll klären, in welche Länder die Migranten gebracht werden können, die über das südliche Mittelmeer in die EU kommen.
Menschenrettung ist "Wertefundament Europas"
"Die Rettung von Menschen vor dem Ertrinken einerseits und die Bekämpfung skrupelloser Schlepper andererseits, beides gehört zum Wertefundament Europas", sagt Seehofer. Das bestreitet auch kaum einer seiner Kollegen. Trotzdem ist es rund um Deutschland relativ einsam, wenn man sich umschaut.
Frankreich ist dabei, aber dann wird es auch schon dünn. Luxemburg ist bereit, sich an einem Umverteilungsmechanismus zu beteiligen, vielleicht auch Portugal oder Irland. Aber bei weitem nicht die Hälfte der EU-Staaten, die Seehofer gerne sehen würde.
Ungarn lehnt kategorisch ab
Die einen, wie Ungarn oder Polen, lehnen die Aufnahme von Flüchtlingen fast kategorisch ab. Die anderen - die wohl größte Gruppe - argumentiert ähnlich wie Österreich. Die EU könne sich nicht nur auf Italien und Malta konzentrieren, weit mehr Migranten setzten doch derzeit von der Türkei aus über, sagte der österreichische Innenminister Wolfgang Peschorn.
Plan ist vielen zu unbedeutend
"Das Retten von Menschenleben, das beschränkt sich nicht nur auf die 'zentrale Mittelmeerroute', sondern auf alle Grenzen Europas", argumentiert Peschorn. Wie die EU-Länder damit umgingen, sei doch eigentlich schon in den vergangenen Jahren festgelegt worden.
"Es soll ein geordnetes Asylverfahren geben, und es soll die Außengrenze geschützt werden. Insbesondere illegale Schlepperei darf nicht belohnt, sondern muss bekämpft werden", führte Peschorn aus. Und das Asylverfahren soll eben, so sehen es die meisten, nach bestehendem Recht in Italien oder auf Malta abgewickelt werden.
Österreichs Innenminister Wolfgang Peschorn: "Insbesondere illegale Schlepperei darf nicht belohnt, sondern muss bekämpft werden."
Chance für ein Pilotprojekt
Bundesinnenminister Seehofer argumentiert dagegen ganz anders: Natürlich sei die Zahl der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer kämen, im Vergleich nicht so groß. Aber: Das biete ja auch die Chance für eine Art Pilotprojekt. Hier könne Europa zeigen, dass es bereit und fähig sei, eine gemeinsame Asylpolitik aufzubauen.
Und dann hat Seehofer auch noch einen Seitenhieb für die Kritiker in seiner eigenen Fraktion in Berlin zur Hand. Hieß es doch von dort, Deutschland solle sich mal ja nicht bereit erklären, ein Viertel aller Bootsflüchtlinge aufzunehmen. Seehofer stellt nur die Gegenfrage: Was haben wir denn in den letzten Monaten einvernehmlich getan?
"Es ist vielleicht sogar beschämend"
Da werde so viel "schräg diskutiert", wie er es selten in seiner politischen Laufbahn erlebt habe, sagte Seehofer. "Es ist schade, es ist vielleicht sogar beschämend, dass wir wegen dieser Größenordnung, 225 Flüchtlinge aus der Seenotrettung in 14 Monaten in Deutschland aufgenommen, dass wir wegen einer solchen Zahl eine solche Debatte führen."
Fest steht schon jetzt: Heute, hier an diesem regnerischen Herbsttag in Luxemburg, wird es keine irgendwie gearteten Beschlüsse geben, selbst wenn das Werben Seehofers bei dem ein oder anderen Land noch erfolgreich sein sollte. Wiedervorlage Anfang Dezember beim nächsten Treffen in Brüssel.