Scholz in Äthiopien Afrikanische Union soll Teil der G20 werden
55 Länder und 1,4 Milliarden Menschen: Die Afrikanische Union ist bisher dennoch auf der internationalen Bühne kaum vertreten. Kanzler Scholz will das ändern und die AU in die G20-Staatengruppe aufnehmen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für die Aufnahme der Afrikanischen Union in die G20-Staatengruppe führender Wirtschaftsmächte ausgesprochen. "Das gebietet der Respekt vor dem Kontinent und seinen vielen Staaten und auch seiner wachsenden Bevölkerung", sagte der SPD-Politiker bei einem Besuch der Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba. Scholz begann dort seine dreitägigen Afrika-Reise - die zweite seit Beginn seiner Amtszeit.
Der Kanzler zeigte sich optimistisch, dass sich die G20 in absehbarer Zeit für eine Aufnahme der AU entscheiden werde. "Ich habe viele Gespräche geführt und habe das Gefühl, dass es dafür eine breite, wachsende Unterstützung gibt." Er gehe davon aus, dass der Beitritt "in nicht allzu ferner Zeit" gelingen kann, sagte er nach einem Gespräch mit dem AU-Kommissionsvorsitzenden, Moussa Faki.
Afrika ist in der G20 bisher kaum vertreten
Derzeit gehören 19 Länder und die Europäische Union der G20 an, darunter die bevölkerungsreichsten Staaten und größten Volkswirtschaften der Welt. Zu den Mitgliedern zählen die USA, China, Russland, Indien und Deutschland. Jedes Jahr findet ein Gipfeltreffen statt, das nächste im September in Indien.
Aus Afrika ist bisher nur Südafrika dabei - ein Land, das wegen seiner Nähe zu Russland derzeit vom Westen mit Skepsis betrachtet wird. Südafrika hat sich bei den Abstimmungen in der UN-Vollversammlung über die Verurteilung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stets enthalten.
Dagegen ist der asiatische Kontinent mit China, Japan, Indien, Indonesien und Südkorea in der G20 vertreten - sowie Saudi-Arabien, das geografisch ebenfalls zu Asien gezählt werden kann. Südamerika ist mit Argentinien und Brasilien dabei.
Bemühungen von Südafrika, Frankreich und den USA
Der afrikanische Wunsch nach mehr Mitbestimmung ist nicht neu. Seit Jahrzehnten versuchen die Staaten des Kontinents einen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu bekommen. Jeder Reformversuch des Gremiums scheiterte aber, vor allem weil sich die Vetomächte USA, Frankreich, Großbritannien, China und Russland gegenseitig blockierten. Auch deswegen richtet sich bei den Bemühungen um eine stärkere internationale Repräsentanz Afrikas jetzt der Blick auf die G20.
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hatte sich im vergangenen Jahr bereits für einen Platz der AU in der G20 ausgesprochen. Unterstützung bekam er dabei von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der sich im Rahmen des G20-Gipfeltreffens in Bali für eine künftige Teilnahme der AU aussprach. US-Präsident Joe Biden schloss sich Macrons Vorstoß an und warb während eines USA-Afrika-Gipfels im Dezember 2022 für eine Aufnahme der AU in die G20.
Bevölkerungsreiche Union
Der AU gehören mit 55 Ländern alle international allgemein anerkannten afrikanischen Länder sowie das völkerrechtlich umstrittene Land Westsahara an. Damit vertritt die AU die Interessen von etwa 1,4 Milliarden Menschen.
Zum Vergleich: In der Europäischen Union leben lediglich rund ein Drittel so viele Menschen (447,7 Millionen). Dabei erwirtschafteten die Länder der AU laut dem Internationalen Währungsfonds im vergangenen Jahr rund drei Billionen US-Dollar (2,7 Billionen Euro), die EU dagegen knapp 16 Billionen Euro.
Unterstützung im Friedensprozess
Scholz will mit seinem Besuch in Äthiopien aber nicht nur ein Zeichen für die Mitbestimmung Afrikas setzen. Auch die Unterstützung für einen Friedensprozess in Äthiopien nach einem blutigen Bürgerkrieg ist Teil seiner Reise. Die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und der Volksbefreiungsfront in der Region Tigray konnten erst im November nach zwei Jahren mit einem Waffenstillstand beendet werden.
Trotzdem kommt es noch immer zu Gewalt zwischen verschiedenen Volksgruppen. Der Konflikt forderte etwa 500.000 Tote und trieb etwa zwei Millionen Menschen in die Flucht. Alle Konfliktparteien haben Menschenrechtsverletzungen verübt - der Friedensprozess gilt als kompliziert und langwierig.
Scholz besucht auch Kenia
Für Scholz ist Äthiopien die erste Station seiner zweiten größeren Afrika-Reise als Regierungschef. Dabei soll es neben regionalen Konflikten auch um erneuerbare Energien und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gehen. Am Abend geht es weiter nach Kenia, dem wichtigsten Partnerland Deutschlands in Ostafrika.
Scholz war im Mai 2022 sehr früh nach seinem Amtsantritt erstmals nach Afrika gereist und hatte die Bundeswehrtruppen in Niger besucht, reiste in den westafrikanischen Senegal und nach Südafrika. Die zweite Reise nach nur 17 Monaten im Amt soll nun zeigen, dass er den Nachbarkontinent nicht den dort sehr aktiven Konkurrenten China und Russland überlassen will.