Auszeichnung des EU-Parlaments Arabische Aktivisten nehmen Sacharow-Preis entgegen
Sie trugen zum Umbruch in der arabischen Welt bei - und sind dafür mit dem Sacharow-Preis des EU-Parlaments gewürdigt worden: Vier Aktivisten aus Libyen, Syrien, Ägypten sowie posthum ein Tunesier erhielten die Auszeichnung. Heute nahmen zwei von ihnen den Preis in Straßburg entgegen.
Zwei Aktivisten des Arabischen Frühlings haben in einer Zeremonie in Straßburg den Sacharow-Preis des EU-Parlaments entgegengenommen. Damit würden die Anstrengungen aller gewürdigt, die in der arabischen Welt mutig für Freiheit und politischen Wandel eingetreten seien, sagte der Präsident des EU-Parlaments, Jerzy Buzek, bei der Preisverleihung.
Die insgesamt fünf ausgezeichneten Aktivisten hatten sich in ihren Ländern - Ägypten, Syrien, Libyen und Tunesien - für Demokratie und den politischen Wandel eingesetzt. Für die posthume Ehrung des Tunesiers Mohammed Bouazizi, der sich 2010 angezündet hatte, und für alle, die nach Buzeks Worten "beim Kampf für Freiheit in der arabischen Welt ihr Leben verloren haben", legte das Parlament eine Schweigeminute ein.
Die in Syrien untergetauchte Frauenrechtsaktivistin Rasan Saituneh und der in Kuwait im Exil lebende syrische Karikaturist Ali Farsat konnten nicht zu der Preisverleihung kommen.
"Eine neue Ära beginnt"
"Dies ist der Beginn einer neuen Ära in den Beziehungen zwischen Europa und der arabischen Welt, um ein gegenseitiges Verständnis zu erreichen", sagte die 26-jährige Bloggerin Asmaa Mahfus aus Ägypten in ihrer Dankesrede. Stereotypische Vorstellungen von der arabischen Welt hätten diese Beziehungen allzu lange belastet, sagte sie unter anhaltendem Applaus der Abgeordneten. Mahfus hatte über das Internet die Ägypter zum Protest auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairos aufgerufen. Sie war zusammen mit dem Libyer Ahmed al Subair Ahmed al Senussi nach Straßburg gekommen.
Der 77-jährige al Senussi hatte gegen die Diktatur gekämpft und verbrachte in Libyen mehr als 30 Jahre im Gefängnis. Heute gehört er dem Nationalen Übergangsrat an. Bei der Preisverleihung rief er die internationale Gemeinschaft auf, seinem Land zu helfen. Viele Städte in Libyen seien während der Kämpfe zwischen Aufständischen und Truppen des früheren Machthabers Muammar al Gaddafi zerstört worden, sagte er.
Zwar hätten früher viele Staaten Gaddafi lange unterstützt, vor allem aus wirtschaftlichen Grünen. Doch dann habe Europa den Aufständischen geholfen. Dafür sei er dankbar. "Nur so konnte das Regime nach 40 Jahren gestürzt werden", fügte al Senussi hinzu.
Das Europäische Parlament verleiht seit 1988 jährlich den mit 50.000 Euro dotierten "Sacharow-Preis für geistige Freiheit". Geehrt werden Personen oder Organisationen, die sich für die Menschenrechte und gegen Unterdrückung einsetzen.
Zu den Preisträgern zählen der erste schwarze Präsident Südafrikas, Nelson Mandela (1988), der chinesische Bürgerrechtler Hu Jia (2008), die russische Menschenrechtsorganisation Memorial mit den Aktivisten Ljudmila Alexejewa, Oleg Orlow und Sergej Kowaljow (2009) sowie der kubanische Dissident Guillermo Fariñas (2010).
Namensgeber der Auszeichnung ist der Physiker Andrej Sacharow (1921-1989), einer der Entwickler der sowjetischen Atombombe. In den 1970er-Jahren nutze er seine Bekanntheit, um ein "Komitee zur Durchsetzung der Menschenrechte und zur Verteidigung politische Verfolgter" zu gründen. Seine Bemühungen für Dissidenten machten ihn zum Staatsfeind Nummer Eins. Er wurde aus Moskau verbannt und landete im Straflager. Erst 1986 wurde er rehabilitiert.