EU-Reaktionen auf Trump-Interview Zwischen Hoffen und Bangen
Die EU? Ist ihm egal. Die NATO? Obsolet, also veraltet. Das Zeitungsinterview des künftigen US-Präsidenten Trump sorgt für Wirbel in Brüssel. Die Reaktion der EU allerdings fällt uneinheitlich aus.
Es war ein Bild, das mehr über das Verhältnis innerhalb der EU sagte, als manch eine Wortmeldung der vergangenen Wochen. Als Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Vormittag beim neuen EU-Ratsgebäude ankommt, hat sich gerade Boris Johnson, der britische Außenminister, vor den wartenden Journalisten aufgebaut. Steinmeier hält sich dezent zurück und lässt Johnson seinen Auftritt, der natürlich prompt auf die jüngsten Äußerungen von Donald Trump angesprochen wird:
Johnson: "Wirklich gute Nachrichten!"
"Ich glaube, es sind wirklich gute Nachrichten, dass die Vereinigten Staaten schnell einen Freihandelsvertrag mit uns abschließen wollen. Es ist großartig, das vom gewählten amerikanischen Präsidenten Trump zu hören. Das ist zweifellos im Interesse beider Seiten, da bin ich sicher!
Während der Brite das sagt, kann man Frank-Walter Steinmeier im Hintergrund den Kopf schütteln sehen. Er lächelt dabei, als wollte er sagen: Johnson und Trump, da haben sich ja zwei gefunden. Als Steinmeier dann selbst vor den Kameras ankommt, setzt er seinen Betroffenheitsblick auf. "Ich komme gerade von der NATO", seufzt Steinmeier demonstrativ. "Dort ist man besorgt, wenn Trump jetzt betont, die NATO sei obsolet."
Steinmeier: "Wir müssen sehen, was folgt."
Zunächst einmal widerspricht das den Äußerungen, die der designierte amerikanische Verteidigungsminister bei seiner Anhörung in Washington noch vor wenigen Tagen bekundet hat. Wir müssen sehen, was daraus für die amerikanische Politik folgt,
formuliert der deutsche Außenminister gewohnt diplomatisch. Während sein französischer Kollege das Ganze eher mit einem Lächeln wegwischt, kann man Luxemburgs Vertreter Jean Asselborn regelrecht mit sich kämpfen sehen. Asselborn ist der Dienstälteste hier in der Runde und deshalb normalerweise nie verlegen, auch kräftig auszuteilen, wenn er gereizt wird. Bei Trump hat aber selbst der alte Fahrensmann Asselborn Beißhemmungen.
Man muss hoffen, dass die Aussagen des Kandidaten Trump ab Freitag in eine andere Richtung führen. Es wäre schade, wenn die USA als größte Demokratie der Welt eher zerstörerisch vorgehen würden.
Womit wir nun bei der dritten Gruppe angekommen wären - nach Begeisterung und Skepsis - nämlich bei den EU-Ländern, die sich trotz oder gerade wegen des ganzen Wortgeklingels von Trump, das er per Interview oder Twitter-Nachrichten über die Welt ergießt, von ihm auch Schritte nach vorne erhoffen. Wie etwa Österreichs Außenminister Sebastian Kurz, der sich von der Mehrheit seiner Amtskollegen abzusetzen versucht:
Kurz: "Europa kann profitieren."
Wenn die neue Positionierung in Amerika dazu beiträgt, dass es ein besseres Verhältnis zwischen den USA und Russland gibt, dann ist das etwas, was wir nicht mit Sorge sehen sollten, sondern ganz im Gegenteil: Europa und insbesondere Österreich könnte davon profitieren.
Mit anderen Worten: Trump hat es wieder einmal geschafft, mit wenigen pointierten Äußerungen die internationale Diplomatie schwer in Unruhe zu versetzen. Mit einer Mischung aus Bangen und Hoffen erwarten sie nun in den Hauptstädten Europas seine offizielle Amtseinführung am Freitag. Oder wie es Bundesaußenminister Steinmeier eigentlich schon seit Trumps Wahl formuliert:
Wir gehen davon aus, dass unser amerikanischer Partner sich auch weiterhin an die völkerrechtlichen Verpflichtungen und Regelungen der Welthandelsorganisation WTO hält.