Anschläge von Paris Was wir über die Attentäter wissen
Wer waren die Männer, die die Anschläge in Paris verübten? Woher kamen sie? Nach welchen Verdächtigen wird noch gesucht? tagesschau.de fasst die wichtigsten Antworten und Fakten zusammen.
Wer waren die mutmaßlichen Attentäter?
Sicher ist, dass sieben Täter tot sind. Die Polizei sucht zwei weitere mutmaßliche Angreifer beziehungsweise Helfer.
Bisher wurden vier der sieben getöteten Attentäter zweifelsfrei identifiziert. Bei allen handelt es sich um Franzosen, drei von ihnen kämpften in Syrien.
Omar Ismail Mostefai, 29 Jahre alt, Franzose, lebte zeitweise in der Region von Chartres: Er war einer der Männer, die den Konzertsaal Bataclan angegriffen hatten. Mostefai wurde 1985 in Courcouronnes im Süden von Paris geboren und lebte zeitweise etwa 90 Kilometer südwestlich der Hauptstadt. Er hat algerische Wurzeln.
In den vergangenen Jahren war er acht Mal wegen "gewöhnlicher" Straftaten verurteilt worden. Der französische Inlandsgeheimdienst führte ihn zudem auf einer Liste möglicher radikaler Islamisten. Die Zeitung "Le Monde" berichtet, Mostefai sei "sehr wahrscheinlich" im Winter 2013/2014 einige Monate in Syrien gewesen. Die türkische Regierung hat nach eigenen Angaben Frankreich im Dezember 2014 und im Juni 2015 wegen Mostefai kontaktiert, aber erst nach den Anschlägen eine offizielle Anfrage aus Frankreich erhalten.
Samy Amimour, 28 Jahre alt, Franzose, lebte in Drancy bei Paris: Auch er gehörte zu den Selbstmordattentätern aus dem Bataclan. Amimour wurde 1987 schon in Drancy in der Nähe des Pariser Vororts Saint-Denis geboren. Er stand schon einmal wegen Gründung einer terroristischen Vereinigung unter Verdacht. Gegen ihn wurde wegen einer versuchten Reise in den Jemen 2012 ermittelt. Die Polizei suchte ihn seit Ende 2013 mit internationalem Haftbefehl. Es bestand der Verdacht, er könnte sich in den Jemen absetzen.
Fouad Mohamed-Aggad, 23 Jahre alt. Der Dschihadist aus dem Straßburger Problemviertel Meinau flog laut Polizeiangaben Ende 2013 mit seinem Bruder und einigen Freunden vom Frankfurter Flughafen aus in die Türkei und reiste dann nach Syrien weiter. Zwei der Männer starben in dem Bürgerkriegsland, andere wurden bei ihrer Rückkehr nach Frankreich 2014 festgenommen. Aggad blieb zunächst noch in Syrien. Er war einer der Angreifer auf die Konzerthalle Bataclan, wo die Islamisten 90 Menschen töteten.
Brahim Abdeslam, 31 Jahre alt, Franzose, lebte in Belgien im Brüsseler Stadtbezirk Molenbeek: Der 31-Jährige sprengte sich am Boulevard Voltaire in die Luft. Sein 26 Jahre alter Bruder Salah Abdeslam ist auf der Flucht. Er soll ein Tatfahrzeug gesteuert haben. Die beiden Brüder waren vor den Anschlägen von belgischen Ermittlern verhört worden, wie die belgische Generalstaatsanwaltschaft einräumte. Sie seien aber nicht weiter beobachtet worden, weil "keine Anzeichen einer möglichen Bedrohung" vorgelegen hätten.
Bilal Hadfi, 20 Jahre alt, Franzose, lebte in Belgien: Er ist einer von drei Attentätern, die sich am Fußballstadion Stade de France in die Luft sprengten. Anfang des Jahres war Hadfi nach Syrien ausgereist. Dort soll er sich dem IS angeschlossen haben. Seither habe eine Untersuchung in seinem Umfeld begonnen, gab die Staatsanwaltschaft Brüssel bekannt. Die Razzien in Belgien vom Donnerstag sollen mit ihm in Verbindung stehen.
Von den zwei weiteren Attentätern, die sich am Stade de France in die Luft gesprengt hatten, sind die Namen bekannt, unter denen sie nach Europa einreisten. Ihre wahre Identität ist allerdings nicht geklärt.
Als Ahmad al-Mohammad registrierte sich einer der Stadion-Attentäter laut griechischer Regierung am 3. Oktober auf der Insel Leros als Flüchtling. Der dort abgenommene Fingerabdruck passt zu einem am Tatort gefundenen abgetrennten Finger.
Als Mohammad al-Mahmod wurde auch der dritte Attentäter vom Stade de France am 3. Oktober auf der griechischen Insel Leros registriert. Beide Männer hätten am 8. Oktober die Fähre nach Piräus genommen, um dann weiter nach Serbien zu gelangen. Um seine Identität klären zu können, bat die französische Polizei die Bevölkerung inzwischen um Mithilfe. Sie veröffentlichte ein Fahndungsfoto des Mannes, der sich am Eingang H der Fußballarena in die Luft gesprengt hatte. Sein Pass soll einem vor mehreren Monaten getöteten syrischen Soldaten gehört haben.
Wer ist der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge?
Abdelhamid Abaaoud, 28 Jahre alt, Belgier mit marokkanischen Wurzeln, lebte im Brüsseler Stadtteil Molenbeek: Er gilt als Drahtzieher der Anschläge von Paris. Nach den Worten von Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve spielte er "eine entscheidende Rolle" bei den Anschlägen von Paris. Inzwischen ist klar, dass der 28-jährige Belgier bei dem Anti-Terror-Einsatz im Pariser Vorort Saint-Denis in der Woche nach den Pariser Anschlägen getötet wurde. Die Ermittler gehen davon aus, dass Abaaoud kurz davor stand, ein weiteres Attentat im Pariser Büroviertel La Défense auszuführen.
Abaaoud war nach Erkenntnissen der Behörden zeitweise beim IS in Syrien aktiv. Spätestens seit dem vergangenen Januar stand er praktisch auf jeder Fahndungsliste. Der Sohn eines marokkanischen Händlers wurde bereits seit einem vereitelten Terroranschlag auf Polizisten im ostbelgischen Verviers gesucht. Zusätzlich sei er möglicherweise in drei andere teils vereitelte Anschläge seit dem Frühjahr verwickelt gewesen, sagte Cazeneuve. Auch der verhinderte Anschlag im Thalys-Schnellzug zwischen Brüssel und Paris im August gehöre dazu. Abaaoud soll in engem Kontakt mit Brahim Abdeslam gestanden haben. Beide Namen sollen auch in Verbindung stehen mit mehreren Straftaten aus den Jahren 2010 und 2011.
Abaaoud war eigentlich in Syrien vermutet worden. Frankreich habe vor den Anschlägen "keinerlei Information" von den Behörden anderer EU-Staaten über eine mögliche Durchreise des Mannes - und damit seiner Rückkehr nach Europa - erhalten, beklagte Cazeneuve. Erst am 16. November - also drei Tage nach den Anschlägen - sei Frankreich von einem außereuropäischen Geheimdienst darüber informiert worden, dass sich Abaaoud zu einem Zeitpunkt in Griechenland aufgehalten habe.
Nach wem wird noch gesucht?
Salah Abdeslam, 26 Jahre alt, Franzose, lebte in Belgien im Brüsseler Stadtbezirk Molenbeek: Der Bruder von Brahim Abdeslam, der sich selbst bei den Anschlägen in die Luft gesprengt hatte, wird noch immer von der französischen Polizei mit internationalem Haftbefehl gesucht. Auf seinen Namen wurde der schwarze VW Polo gemietet, mit dem die Täter zum Bataclan fuhren, wo der Wagen gefunden wurde. Nach Salah Abdeslam hatte die Polizei Anfang der Woche im Brüsseler Stadtteil Molenbeek gesucht.
Er und mehrere Begleitpersonen aus Brüssel waren kurz nach den Anschlägen in einem anderen Auto an der Grenze zu Belgien in eine Kontrolle geraten, sie wurden aber nicht festgenommen. Zu dem Zeitpunkt wusste die Polizei, dass Abdeslam den VW Polo gemietet hatte.
Kurze Zeit später wurde im Norden von Paris ein weiterer von Abdeslam angemieteter Wagen sichergestellt, ein schwarzer Renault Clio. Ab dem 12. November sollen zudem zwei Zimmer in Alfortville nahe Paris für eine Woche mit Abdeslams Bankkarte gemietet worden sein.
Die französische Polizei schrieb den 26-jährigen Salah Abdeslam zur Fahndung aus.
Mohamed Abrini, 30 Jahre alt: Er war zwei Tage vor den Attentaten gemeinsam mit Abdeslam an einer Tankstelle im französischen Ressons an der Autobahn nach Paris gefilmt worden - am Steuer des Renault Clio, der bei den Anschlägen in Paris benutzt worden sein soll. Gegen ihn sei ein internationaler Haftbefehl ausgestellt worden, teilte die belgische Generalstaatsanwaltschaft mit. Der Mann sei "gefährlich und möglicherweise bewaffnet", heißt es darin.
Wer könnte noch beteiligt gewesen sein?
Hasna Aitboulahcen, 26 Jahre alt, Cousine von Abaaoud: Auch sie wurde bei dem Anti-Terror-Einsatz im Pariser Vorort Saint-Denis in der vergangenen Woche getötet. Anders als zeitweise vermutet sprengte sie sich nicht selbst in die Luft, sondern ein noch nicht identifizierter Mann zündete eine Sprengladung. Aitboulahcen ist vermutlich infolge dieser Explosion und des dadurch eingestürzten Fußbodens erstickt, so der Pariser Staatsanwalt François Molins.
Die Identität des Mannes, der wie Abaaoud und dessen Cousine Aitboulahcen bei dem Polizeieinsatz in Saint-Denis starb, ist weiter ungeklärt. Er könnte der dritte Mann des Kommandos gewesen sein, das in den Cafés und Restaurants angriff. Dies muss aber noch geklärt werden.
Mohammed Amri, 27 Jahre alt, und Hamza Attouh, 21 Jahre alt, Belgier, lebten beide im Brüsseler Stadtteil Molenbeek: Gegen sie wurde Haftbefehl erlassen. Ihnen wirft die Justiz in Belgien einen "Terroranschlag und die Teilnahme an den Aktivitäten einer Terrorgruppe" vor. Sie sollen eingeräumt haben, Salah Abdeslam nach den Anschlägen in Paris im Auto abgeholt und in Brüssel abgesetzt zu haben.
Jawad Bendaoud, 29 Jahre alt, lebte im Pariser Stadtteil Saint-Denis: Er hatte Abaaoud in einer Wohnung in Saint-Denis "gegen Bezahlung" Unterschlupf gewährt. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nach sechs Tagen Polizeigewahrsam wurde er in Haft überführt. Jawad Bendaoud habe sich "wissentlich" an einer "terroristischen Organisation" beteiligt, sagte der Staatsanwalt. Bendaoud selbst hatte allerdings bestritten, von den Terrorabsichten der Gruppe gewusst zu haben - und hatte dies auch vor seiner Festnahme in einem Fernsehinterview gesagt.