Anthony Albanese serviert Eis in der Waffel.
Porträt

Australiens Premier Albanese "Freundlichkeit ist keine Schwäche"

Stand: 04.05.2025 10:17 Uhr

Die Labor Party von Premierminister Albanese hat die Wahl in Australien klar gewonnen. Der 62-Jährige tritt in der Öffentlichkeit freundlich und zugewandt auf - nach dem Wahlsieg servierte er Eis.

Wahlgewinner Anthony Albanese ist der erste australische Premierminister seit 21 Jahren, der eine zweite Amtszeit antreten kann - und das mit einer absoluten Mehrheit. Eine echte Überraschung.

Am Tag nach seiner Wiederwahl servierte der 62-jährige Albanese Eis in einem Café in Sydney und sagt, die Australier hätten für Einheit statt Spaltung gestimmt. Er sei in der Nähe des Cafés aufgewachsen und häufig mit seiner inzwischen verstorbenen Mutter hier gewesen.

Albanese betont immer wieder seine Herkunft aus einfachen Verhältnissen. Als Sohn einer alleinstehenden Mutter wuchs er in einer Sozialwohnung in Sydney auf und besuchte eine katholische Schule. Schon als Junge setzte sich Albanese für soziale Gerechtigkeit ein, wurde bald Mitglied der Labor Party und war der erste in seiner Familie, der eine Universität besuchte. Er entschied sich für Wirtschaftswissenschaften an der Sydney University.

Labour-Partei von Premier Albanese gewinnt Wahlen in Australien

Christiane Justus, ARD Singapur, tagesschau, 03.05.2025 17:00 Uhr

Einsatz für die Rechte der indigenen Australier

In seiner politischen Laufbahn hat er sich für die gleichgeschlechtliche Ehe, die Förderung von Frauen, den Klimaschutz und die Anerkennung sowie Besserstellung der indigenen Australier eingesetzt. Letzteres brachte ihm 2023 eine seiner größten Niederlagen ein: Beim Voice-Referendum über die Anerkennung der indigenen Australier in der australischen Verfassung, stimmten mehr als 60 Prozent der Australier mit Nein.

Kritiker warfen der Regierung vor, sie habe sich auf eine Minderheit konzentriert, statt sich während einer Inflationskrise um die Belange der Mehrheit zu kümmern. Indigene Australierinnen und Australier machen vier Prozent der Bevölkerung aus. Sie sind die am stärksten benachteiligte ethnische Minderheit in Australien.

Albanese sagte, er erkenne den Willen des Volkes an. Seitdem hat er sich nur noch selten dazu geäußert. Seine Rede nach dem Erdrutschsieg am Abend eröffnete Albanese jedoch vor jubelnden Anhängern mit der in Australien weitgehend üblichen Anerkennung der indigenen Australier.

Labor erhält absolute Mehrheit

Albaneses Mitte-Links-Partei, die Labor Party, errang bei den Wahlen am Samstag einen deutlichen Sieg. Obwohl noch nicht alle Stimmen ausgezählt sind, kommt die Partei des Premierministers verschiedenen Medienberechnungen zufolge bereits auf fast 90 Sitze im 150-köpfigen Unterhaus. Für die absolute Mehrheit sind 76 Mandate nötig.

Im vorherigen Parlament hatte Labour 78 Sitze inne. Dieser Sitzgewinn in einer zweiten Amtszeit ist in der australischen Politik selten.

Albanese oder "Albo", wie er in Australien genannt wird, sagte am Wahlabend, das Land habe den "australischen Weg" gewählt. Mit einem Seitenhieb auf seinen Kontrahenten fügte er hinzu: "Wir suchen unsere Inspiration nicht im Ausland."

Den Liberalen Peter Dutton hatte laut Umfragen seine als zu groß empfundene Nähe zu US-Präsident Donald Trump zuletzt an Zustimmung gekostet. Dabei hatten Umfragen noch bis März neun Monate lang einen Rückstand der Mitte-Links-Regierung gegenüber der konservativen Koalition aus Liberalen und Nationalen gezeigt.

Die Stimmung drehte sich mit Trumps Zöllen

Die Australier wollten Albanese eigentlich loswerden. Die Unzufriedenheit mit dem Umgang der Regierung mit der Inflation und den damit einhergehenden hohen Lebenshaltungskosten war groß.

Doch die Stimmung drehte sich, als die Wähler zunehmend alarmiert über Trumps Zollandrohungen wurden und nach einem sicheren Hafen suchten. Wie in Kanada verliert damit ein konservativer Kandidat, der sich Trumps Vorgehen zum Vorbild nahm. Dutton hat nach mehr als 20 Jahren sogar seinen Wahlkreis und damit seinen Sitz im Parlament verloren - ebenfalls eine Parallele zum konservativen kanadischen Spitzenkandidaten.

Für seine zweite Amtszeit verspricht Albanese, dass sie "eine disziplinierte, ordentliche Regierung" sein werden, "genau wie in unserer ersten". Den "dunklen Schatten" des Handelskriegs zwischen den USA und China zu bekämpfen, erklärte der australische Finanzminister zur obersten Priorität.

China ist der wichtigste Handelspartner

Während seiner ersten Amtszeit hatte Albanese Australien näher an die USA, den wichtigsten Sicherheitsverbündeten, herangeführt und Hunderte Milliarden für die AUKUS-Partnerschaft mit den USA und Großbritannien zum Bau von Atom-U-Booten zugesagt. Außerdem nahm er nach einer diplomatischen Eiszeit und einem Handelsboykott durch Peking den Dialog mit China wieder auf und erklärte, die Stabilisierung der Beziehungen zu China liege im nationalen Interesse.

China ist Australiens wichtigster Handelspartner. In einer Fernsehdebatte zur Wahl vergangene Woche antwortete Albanese auf die Frage, ob Peking eine Bedrohung darstelle, dass Australien sowohl in Verteidigung als auch in Diplomatie investieren werde.

In Wahlkampf hatten seine politischen Gegner Albanese immer wieder als schwach bezeichnet, vor allem sein Kontrahent Dutton, der als "starker Mann" auftrat. Albanese sagte dazu kürzlich in einer Fernsehdebatte: "Freundlichkeit und Einfühlungsvermögen ist keine Schwäche. Ich habe auch immer schwierige Entscheidungen treffen können."

Im Wahlkampf energiegeladen und empathisch

Premierminister Albanese hatte seine Partei 2022 zum ersten Mal nach neun Jahren konservativer Regierung zum Sieg geführt. Der pragmatische und freundlich wirkende Labor-Politiker kam mit dem Versprechen an die Macht, kollegial zu arbeiten und den Menschen in Australien Gehör zu schenken. Damit setzte sich Albanese deutlich von der Regierung seines konservativen Vorgängers Scott Morrison ab, der im Laufe seiner Amtszeit von vielen Australiern als arrogant und hartherzig angesehen wurde.

Zehn Frauen waren Teil seines ersten Kabinetts von insgesamt 23 Ministern. Auch das Außenministerium übernahm eine Frau: Penny Wong, eine Australierin chinesischer Abstammung, die eine Lebenspartnerin und mit ihr ein gemeinsames Kind hat.

Im Wahlkampf präsentierte Albanese sich den Australiern energiegeladen und sympathisch. Sein Motto: Nichts riskieren in diesen unsicheren Zeiten, wobei er Trump nicht direkt erwähnte, aber die zahlreichen Ähnlichkeiten zwischen der Wahlkampfstrategie Trumps und des australischen Oppositionsführers Dutton hervorhob.

So schlug dieser vor, Staatsbedienstete zu entlassen und mobiles Arbeiten für öffentliche Angestellte zu verbieten. Das kostete Dutton vermutlich viele Stimmen.

Skepsis gegenüber Dutton

Die mit den USA strategisch eng verbundenen Australier sehen Trump mehrheitlich als Chaoten, der nicht nur seinem Land, sondern der Welt mit seiner Politik schadet. Besonders Trumps Zollpolitik verstärkte die Unsicherheit der Wähler und erhöhte die Skepsis gegenüber Dutton.

Albanese sagte nach der Bekanntgabe, das sei "nicht die Handlung eines Freundes" und er werde gegenüber den US-Unterhändlern keine Kompromisse eingehen, was Australiens Bemühungen um niedrigere Medikamentenpreise für Familien beeinträchtigen könnte oder neue Gesetze zum Schutz von Kindern in den sozialen Medien.

Zudem versprach Albanese im Fall seiner Wiederwahl Steuersenkungen, Hilfe für junge Hauskäufer, die Senkung der Schulden von Studierenden, die oft hohe Kredite aufnehmen müssen, den Ausbau erneuerbarer Energien und mehr Kindergärten mit besser bezahlten und gut ausgebildeten Mitarbeitenden. Versprechen, an denen Albanese gemessen werden wird.

Mehr als nur kosmetische Änderungen nötig

Am Wahlabend jubelten seine Anhänger am lautesten, als der Wahlgewinner eine Medicare-Karte aus seiner Tasche zog, nachdem er Milliarden für den Ausbau der subventionierten Arztbesuche zugesagt hatte.

Das Wahlergebnis zeigt, dass die Australier Albanese an der Macht sehen wollen. Aber sie erwarten mehr als nur kosmetische Änderungen. Seine Regierung muss in der zweiten Amtszeit strukturelle Lösungen für die Sorgen und Nöte der Australier vorlegen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 03. Mai 2025 um 17:00 Uhr.