Ein Jahr vor Wiedereröffnung Macron besucht Baustelle von Notre-Dame
Vor gut viereinhalb Jahren hatte ein Brand die Pariser Kathedrale Notre-Dame schwer beschädigt. Frankreichs Präsident Macron besuchte nun die Baustelle des Wahrzeichens und legte auch selbst Hand an.
Wow! Präsident Macron nickt anerkennend und bedankt sich bei den Handwerkern mit Handschlag. Sie haben ihm und seiner Frau Brigitte aus dem für Notre-Dame gespendeten Holz zwei Stifte geschnitzt. "Gut, heute an Ihrer Seite zu sein", sagt Macron. "Welch Abenteuer!"
Er steigt hoch bis zum Kreuz, das am Nikolaustag auf den neuen Spitzturm gesetzt worden ist. Notre-Dame hat ihre Ursprungshöhe wieder: 96 Meter.
Macron legt selbst Hand an, um den Namen des Generals Georgelin, den im Sommer tödlich verunglückten bisherigen Bauleiter, ins Holz des Turms einzugravieren. Ohne ihn wären wir nicht hier, formulierte sein Nachfolger Philippe Jost. Er lobte die über eintausend Menschen, die mit ihrer handwerklichen Exzellenz "eine unglaubliche Challenge" angenommen hätten.
Streit um Fenster, Dach und Baustoffe
Der Präsident hält sich vorsichtig mit beiden Händen an einem Gitter fest, winkt dann aber doch aus luftiger Höhe jenen, die auf dem Vorplatz stehen oder ihre Fenster aufgemacht haben. Frédéric ist Anwohner der Kathedrale: "In einem Jahr wird sie wieder auf sein - ich werde sie wie vorher sehen, das ist mein Traum! Überwältigend!" Es sei eine gewaltige Baustelle, meint er. "Eine Herausforderung, es in 5 Jahren zu packen!"
Das sieht Präsident Macron genauso. Er ist nun unten im Kirchenschiff. Mit First Lady und der Kulturministerin Rima Abdul Malak. "Wir haben uns entschieden, das 21. Jahrhundert durch einige Symbole zu repräsentieren. Ich danke dem Pariser Erzbischof für seinen Vorschlag, sechs Kirchenfenster auf der Südseite auszuwechseln. Dafür loben wir einen Wettbewerb für moderne Künstler aus", so die Ministerin. Die sechs historischen Fenster von Viollet-le-Duc sollen dafür einen neuen Platz in einem Notre-Dame-Museum finden.
Es soll gleich neben der Kathedrale im Hospitalkomplex Hôtel de Dieu eingerichtet werden. Kunsthistoriker Didier Rykner beruhigt das nicht. Der Live-Gast des Nachrichtensenders BFMTV kommentiert sofort: "Die Fenster wurden doch gerade restauriert. Und Kulturministerium und Erbe-Kommission haben dazu Nein gesagt. Das ist doch nicht normal, dass der Präsident sich über Gesetze zum Kulturerbe hinwegsetzt und den Willen der Spender. Das ist wie in einer Bananenrepublik. Unfassbar."
Auch umstritten ist das neue Dach. Es soll ab Januar originalgetreu mit fast 500 Tonnen Blei belegt werden. Umweltschützer, Grüne und Anwohner fordern bis zu einer neuen Risiko-Expertise aber einen Baustopp. Macron sagte dazu: "Der Arbeitsschutz hat alle Maßnahmen getroffen. Es lief in jeder Minute professionell und nicht überhastet. Ich verteidige den identischen Wiederaufbau auch aus architektonischer Kohärenz: Gerade wurde mir gezeigt, wie man Bleiblätter poliert. Die Baustelle bewahrt diese Techniken."
Wahrzeichen und Touristenmagnet
Bis zum 8. Dezember 2024 geht es Schlag auf Schlag: ein neuer Hahn für die Turmspitze, das Balkenwerk, um das klaffende Loch schließen zu können. Im Inneren die gesäuberte Große Orgel zurückbringen. Ausgrabungen beenden, Leitungen und Fußboden verlegen, Heizung, Akustik und Brandschutz installieren. Kommenden Herbst werden 1.500 massive Eichenholzstühle geliefert. Ein Erfolg für den innenpolitisch gebeutelten Präsidenten, der im Parlament kaum Mehrheiten findet - er wird sein Versprechen halten können. Ist die Baustelle für Macron Symbol einer erfolgreichen Amtszeit?
"Ich möchte hier vor allem das Bild eines Frankreichs der Erbauer sehen. Ein Frankreich, das nicht bei den täglichen Details und allem, was schlecht läuft, stehen bleibt, sondern ein Frankreich mit Hoffnung und Zuversicht."
Und das soll ich den Prognosen nach lohnen: Für das 1. Jahr nach der Wiedereröffnung werden 14 Millionen Touristen erwartet, 2 Millionen mehr als vor dem Brand.