Niederländischer Premier reicht Rücktritt ein Rutte-Regierung am Sparkurs zerbrochen
Es ist die achte Regierung eines Euro-Staates, die seit Beginn der Schuldenkrise gescheitert ist: Der niederländische Rechtspopulist Wilders wollte den Sparkurs von Premier Rutte nicht mittragen - und brachte dessen Regierung zu Fall. Rutte reichte nun bei Königin Beatrix den Rücktritt ein.
Von Ralf Lachmann, WDR, zurzeit in Den Haag
Neuwahlen so schnell wie möglich, fordern jetzt Spitzenpolitiker aller Parteien - am besten noch vor den Sommerferien im Juni. Am Nachmittag hatte der niederländische Premierminister Mark Rutte Königin Beatrix den Rücktritt seines Kabinetts angeboten.
Seit eineinhalb Jahren hatten der Rechtspopulist Geert Wilders und dessen Freiheitspartei PVV Ruttes Minderheitsregierung unterstützt. Am Wochenende war die Zusammenarbeit aber geplatzt. Denn ein Sparpaket von 15 Milliarden Euro wollte Wilders nicht mitragen. Dieses wäre vor allem zu Lasten von Armen, Alten und Arbeitslosen gegangen, argumentiert der Rechtspopulist. "Ich denke, schnelle Neuwahlen sind jetzt das Beste. Der niederländische Wähler soll entscheiden. Wir haben gute Angebote: Ein Sparpaket, das die Staatsausgaben senkt, ohne dass dabei der Bürger zu sehr belastet wird."
Angst ums "AAA"
Die Regierung aus Rechtsliberalen und Christdemokraten hatte argumentiert, die Einsparungen seien sozial ausgewogen und vor allem nötig, um den EU-Stabilitätspakt nicht zu verletzten. Wilders sprach dagegen von unsinnigen Vorgaben aus Brüssel. Wird aber nicht gespart, fürchten die Niederlande, ihre sehr gute Kreditwürdigkeit - das "Dreifach-A" - zu verlieren und an künftigen Schulden zu ersticken. Die steigen derzeit täglich um 80 Millionen Euro.
"Jeder Tag des Zögerns geht zu Lasten der Kinder"
Aus Brüssel meldete sich die Niederländerin Neelie Kroes, Vizechefin der EU-Kommission, mahnend zu Wort: "Wenn man das Wasser bis zum Hals stehen hat, dann wird es spätestens Zeit, die Realität anzuerkennen. Das bedeutet: Jeder Tag, den man weiter zögert, geht zu Lasten unserer Kinder."
Nun soll das Parlament die Regie übernehmen. Parlamentspräsidentin Gerdi Verbeet forderte: "Wir bitten den Premierminister, dem Parlament eine Erklärung abzugeben. Danach gibt es eine Debatte über die neue Situation. Alle sind motiviert, schnell zu Lösungen zu kommen. Wir haben auch keine Zeit, uns jetzt auf die faule Haut zu legen."
Im Parlament sind neun Parteien und ein parteiloser Abgeordneter vertreten. Ob es ihnen gelingen wird, jetzt noch schnell ein neues Sparpaket zu schnüren und dafür doch noch eine Parlamentsmehrheit zu bekommen, erscheint politischen Beobachtern aber mehr als fraglich.