Internationale Raumstation ISS

Raumfahrt Musk, die ISS und die gestrandeten Astronauten

Stand: 22.02.2025 17:58 Uhr

Eine Äußerung von Elon Musk nährt Spekulationen, dass die USA frühzeitig aus der Zusammenarbeit auf der Internationalen Raumstation aussteigen könnten. Eigentlich soll die ISS bis zum Ende des Jahrzehnts in Betrieb bleiben.

Die Aufregung in der Raumfahrtgemeinschaft ist groß. SpaceX-Chef und Trump-Berater Elon Musk hat sich auf seiner Plattform X dafür ausgesprochen, die Internationalen Raumstation (ISS) bald aus dem All zu holen, also zu deorbitieren. Er schrieb: "Es ist an der Zeit, mit den Vorbereitungen für ein Deorbiting der Raumstation zu beginnen. Sie hat ihren Zweck erfüllt. Es gibt nur noch wenig zusätzlichen Nutzen. Lasst uns zum Mars gehen."

Bislang hieß es, dass die ISS von ihren Partnern USA, Japan, Kanada und der Europäischen Weltraumagentur (ESA) bis 2030 weiterbetrieben wird. Russland hat sich verpflichtet, den Betrieb der Station bis mindestens 2028 fortzusetzen. Später soll SpaceX, das Raumfahrtunternehmen von Musk, die ISS kontrolliert aus dem Orbit holen, so ist zumindest bislang der Zeitplan.

Einzelteile könnten auf die Erde fallen

Im vergangenen Juni hatte die US-Raumfahrtbehörde NASA mitgeteilt, dass SpaceX einen entsprechenden Großauftrag in Höhe von 843 Millionen Dollar erhalten habe. Die Idee: Ein noch zu bauendes "Deorbit-Raumschiff" soll die ISS zunächst abbremsen, damit dann beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre ein Großteil verglüht. Einzelne Bauteile oder Trümmer könnten auf die Erde fallen, auf unbewohnte Gebiete.

Auf die Nachfrage eines US-Raumfahrtjournalisten an Musk auf der Plattform X, wann die ISS aus dem All geholt werden sollte, antwortete der Unternehmer nun: "Die Entscheidung liegt beim Präsidenten, aber ich empfehle, dies so bald wie möglich zu tun. Ich empfehle zwei Jahre ab jetzt."

Raumstation ohne USA wohl nicht betreibbar

Die ESA hat sich zu Musks Äußerung auf Anfrage von tagesschau.de nur sehr allgemein geäußert: "Die Internationale Raumstation ist ein Projekt, an dem verschiedene internationale Partner beteiligt sind. Daher werden alle Angelegenheiten, die die ISS betreffen, gemeinsam mit allen beteiligten Raumfahrtbehörden besprochen."

Sollten die USA tatsächlich frühzeitig bei der ISS aussteigen, wäre die Raumstation wohl nicht mehr betreibbar, sagt der ehemalige ESA-Generaldirektor Jan Wörner: "Der größte Teil der ISS ist amerikanisch, es gibt auch russische, japanische und europäische Anteile. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man die ISS ohne die Amerikaner weiter betreiben kann."

Musk möchte zum Mars

Warum Musk gerade jetzt die Zukunft der ISS anspricht, ist unklar. Klar ist: Der Tech-Milliardär möchte zum Mars fliegen und dafür Weichen stellen. Das Geld, was die USA bislang für die ISS ausgeben, könnte in sein Mars-Programm fließen.

Auf die Frage, wie ernst Musks ISS-Aussage zu nehmen ist, sagt der ehemalige Astronaut Ulrich Walter: "Musk meint es sehr ernst. Aber er sprach hier nur eine Empfehlung aus. Da er in Sachen Raumfahrt nichts zu sagen hat, sondern Jared Isaacman - der sich so lange mit einer Stellungnahme dazu zurückhalten muss, bis er vom Senat als NASA-Chef bestätigt ist - wird das aus meiner Sicht keine Konsequenzen haben. Was mich besorgt ist, dass Musk hiermit versucht, seine Eigeninteressen durchzusetzen. Er wollte und will zum Mars, alles andere ordnet er dem unter."

Geplänkel zwischen Musk und dänischem Astronauten

Neben Musks Postings zum Ende der ISS sorgten weitere Aussagen von ihm für Irritation. Kürzlich hatte Musk gemeinsam mit US-Präsident Trump dem Fernsehsender Fox ein Interview gegeben. Dort hatte sich Musk zu den beiden NASA-Astronauten Suni Williams und Butch Wilmore geäußert, die seit Monaten auf ihre Rückkehr von der ISS warten.

Sie waren im vergangenen Jahr mit einer Starliner-Kapsel des US-Raumfahrtkonzerns Boeing zur ISS geflogen, die Kapsel war aber wegen technischer Probleme leer zurückgekehrt. Musk hatte behauptet, die Astronauten seien von der damaligen US-Regierung aus "politischen Gründen" nicht eher zurückgeholt worden. Daraufhin hatte der dänische Astronaut Andreas Mogensen auf Musks Plattform X geschrieben:"Was für eine Lüge" und weiter: "Und das von jemandem, der sich über die mangelnde Ehrlichkeit der Mainstream-Medien beschwert."

Musk konterte: "Sie sind völlig zurückgeblieben. SpaceX hätte sie schon vor einigen Monaten zurückbringen können. Ich habe dies der Biden-Regierung direkt angeboten, und sie hat abgelehnt. Die Rückkehr wurde aus politischen Gründen verschoben. Idiot."

Zukunft der europäischen Astronauten

Sollte die ISS tatsächlich Jahre vor 2030 aufgegeben und gezielt zum Absturz gebracht werden, stellt sich die Frage, wie es mit der europäischen bemannten Raumfahrt weitergeht. Beim Artemis-Mondprogramm der NASA wirkt derzeit unklar, ob es wirklich kommt und wenn ja, ob europäische Astronauten zum Mond fliegen werden.

Der ehemalige Generaldirektor der ESA, Jan Wörner, fordert: "Es ist Zeit, dass Europa ganz klar formuliert, was es will. In welchen Bereichen will Europa in der Zukunft aktiv sein? Die astronautische Raumfahrt können wir im Moment nicht ohne die Hilfe von anderen Ländern durchführen."

Kooperation mit China oder Indien?

Auf die Frage, ob Europa etwa auf China zugehen sollte, die mit eigenen Astronauten zu ihrer Raumstation Tiangong fliegen, sagt Wörner: "Während meiner Zeit als Generaldirektor der ESA haben wir einigen Astronautinnen und Astronauten Chinesisch-Kurse angeboten, um da gegebenenfalls eine Möglichkeit zu haben. Wenn wir aber - wie in den vergangenen Tagen und Wochen - viel über Werte reden, ist natürlich auch da die Frage: Ist eine Kooperation mit China wirklich im europäischen Interesse?"

Der ehemalige Astronaut Ulrich Walter bringt einen weiteren Player ins Spiel: "Die Inder haben auch ein bemanntes Raumfahrtprogramm, und falls die USA als Partner wegfallen, würde ich eine langfristige Zusammenarbeit mit den Indern empfehlen."

Klar ist: Auf unabsehbare Zeit hat Europa keine eigene Rakete und kein Raumschiff, um selbst Astronauten in den Weltraum zu bringen. Wenn früher als geplant auch noch die ISS wegfällt, könnte es für ESA-Astronauten düster aussehen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. Februar 2025 um 09:02 Uhr.