Druck in Zypern-Frage erhöht EU stellt Türkei Ultimatum
Die EU setzt die Türkei mit einem Ultimatum unter Druck. Bis Anfang Dezember soll der Beitrittskandidat das Land für Flugzeuge und Schiffe aus Zypern öffnen - und damit früher als bisher geplant. Sonst drohen Ankara Konsequenzen, sagte der finnische EU-Ratspräsident Vanhanen. Ursprünglich hatte die EU Ankara eine Frist bis Mitte Dezember eingeräumt.
Von Christopher Plass, HR-Hörfunkstudio Brüssel
Immer, wenn es um die Türkei ging, wurde es spät: Auf dem Dezember-Gipfel 2004 wurde in den frühen Morgenstunden der Weg zu Beitrittsverhandlungen erst nach zähen Beratungen geebnet, der 3.Oktober 2005 als Termin für die Aufnahme von Verhandlungen vereinbart. Schon damals stand der Streit um Zypern im Mittelpunkt. Am 3. Oktober 2005 ging es auch auf Mitternacht zu: Diplomatisch wurde die Uhr sogar angehalten, damit die Beitrittsverhandlungen mit Ankara offiziell noch fristgerecht eingeleitet werden konnten.
Das soll sich so nicht wiederholen. Der finnische Ministerpräsident und Ratsvorsitzende Matti Vanhanen sagte in Helsinki, er wolle die Frage des Ob und Wie der Türkei-Verhandlungen auf dem nächsten Gipfel der Staats-und Regierungschefs Mitte Dezember nicht zum Thema machen. Damit hat die EU den Zeitdruck erhöht. Denn nun müssen die Europäer bereits vorher entscheiden, wie man mit der Türkei umgehen sollte, wenn sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommt.
Zollunion soll auch auf Zypern ausgedehnt werden
Die EU erwartet von Ankara, die bestehende Zollunion auf alle neuen Mitgliedsstaaten auszudehnen, also auch auf die griechisch dominierte Inselrepublik Zypern. Bis Ende dieses Jahres müsste die Türkei nach Brüsseler Lesart ihre Flughäfen und Häfen auch für Flugzeuge und Schiffe aus Zypern öffnen. Ankara betrachtet dies aber als de-facto-Anerkennung Zyperns und spielt den Ball zurück. Die Türkei fordert die EU auf, ihrerseits dafür zu sorgen, dass zunächst die internationale Isolierung des türkisch besetzten Teils von Zypern, also Nordzypern, gelockert wird. Sie möchte erreichen, dass Nordzypern direkten Handel mit der EU aufnehmen kann. Nordzypern ist aber international nicht anerkannt. Die Europäer halten dagegen, dass das eine mit dem anderen direkt nichts zu tun habe.
Mit der Vanhanen-Ankündigung steht nun ultimativ im Raum, dass die Türkei ihre Verpflichtungen bis Anfang Dezember erfüllt haben muss. Denn die EU-Außenminister kommen am 11. Dezember zusammen und müssten dann über das weitere Vorgehen entscheiden. Und EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn sagte, dass die Brüsseler Kommission noch vorher eine Empfehlung dazu abgeben wird: "Das letzte Treffen der Kommission vor dem 11.Dezember wird am 6.Dezember sein. Das wäre ein logischer Zeitpunkt für die Kommission für eine Empfehlung, wenn die Türkei bis dahin ihre Verpflichtungen nicht erfüllt hat."
Schwierige Suche nach dem Kompromiss
Im Klartext: Bis Ende nächster Woche müsste Ankara zumindest ein ermutigendes Signal aussenden. Bisher sieht es danach nicht aus. Die finnische EU-Präsidentschaft bemüht sich weiter um einen Kompromiss, bei dem alle Seiten das Gesicht wahren können. Denn die Alternative wäre eine demonstrative Unterbrechung der heiklen Beitrittsverhandlungen. Die Folgen eines solchen drastischen Schrittes wären schwer kalkulierbar.