Beitrittsverhandlungen mit der Türkei Der lange Weg des Kandidaten
Seit Juni 2006 verhandelt die Europäische Union offiziell mit der Türkei über einen Beitritt des Landes - ein Prozess, der in jedem Fall noch etliche Jahre dauern wird. Begonnen hat die Annäherung zwischen den europäischen Staaten und der Türkei schon vor Jahrzehnten. Die wichtigsten Stationen.
Seit Juni 2006 verhandelt die Europäische Union offiziell mit der Türkei über einen Beitritt des Landes - ein Prozess, der in jedem Fall noch etliche Jahre dauern wird. Begonnen hat die lange Geschichte der Annäherung zwischen den europäischen Staaten und der Türkei schon vor Jahrzehnten. Ein Überblick über die wichtigsten Stationen.
September 1959: Die Türkei bewirbt sich um eine Mitgliedschaft in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).
September 1963: In Ankara wird ein Assoziierungsabkommen zwischen der EWG und der Türkei unterzeichnet. Kommissionspräsident Walter Hallstein sichert dem Land eine Beitrittsperspektive zu.
April 1987: Die Türkei übergibt der Europäischen Gemeinschaft (EG) ihren Antrag auf Vollmitgliedschaft.
Dezember 1989: Die EG-Kommission lehnt das Beitrittsgesuch wegen der instabilen politischen und wirtschaftlichen Lage des Landes ab.
Juni 1993: Die EU-Mitgliedstaaten definieren in Kopenhagen die Kriterien für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Demnach muss ein beitrittswilliges Land Stabilität der Institutionen, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten garantieren und eine funktionierende Marktwirtschaft aufweisen.
Januar 1996: Die Zollunion zwischen der Türkei und der EU tritt in Kraft.
Dezember 1997: Auf ihrem Luxemburger Gipfel bekundet die EU im Zusammenhang mit der Osterweiterung, dass die Türkei für einen Beitritt in Frage komme.
Dezember 1999: Die EU-Staats- und Regierungschefs verleihen der Türkei in Helsinki den Status eines Beitrittskandidaten.
August 2002: Das türkische Parlament bringt umfassende Reformen auf den Weg. Dazu zählt die Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten und die Zulassung der kurdischen Sprache im Schulunterricht sowie im Rundfunk.
November 2002: Nach ihrem Wahlsieg bekennt sich die konservativ-religiöse Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Recep Tayyip Erdogan zur westlichen Ausrichtung der Türkei und zu einem beschleunigten EU-Beitritt.
Dezember 2002: Die EU-Staats- und Regierungschefs beauftragen auf dem Gipfel in Kopenhagen die EU-Kommission, im Oktober 2004 einen Bericht darüber vorzulegen, ob die EU Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufnehmen soll. Auf Grundlage des Berichts soll der EU-Gipfel im Dezember 2004 entscheiden.
Juli 2003: Das türkische Parlament verabschiedet ein weiteres Reformpaket, das den politischen Einfluss der Streitkräfte deutlich einschränkt.
6. Oktober 2004: Die EU-Kommission empfiehlt die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
16. Dezember 2004: Die EU-Staats- und Regierungschefs verständigen sich in Brüssel darauf, dass am 3. Oktober 2005 Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beginnen sollen. Davor muss die Regierung in Ankara aber das neue EU-Mitglied Zypern zumindest faktisch anerkennen, in dem sie die bestehende Zollunion auf die zehn neuen Mitgliedstaaten ausweitet.
29. Juni 2005: Die EU-Kommission legt einen Vorschlag für den Verhandlungsrahmen vor. Darin wird der 3. Oktober bestätigt. Die EU-Staaten müssen den Verhandlungsrahmen einstimmig beschließen.
29. Juli: Die Türkei unterzeichnet wie von der EU verlangt das Ankara-Protokoll, das die Zollunion auf die zehn neuen EU-Staaten ausweitet. In einer Zusatzerklärung betont Ankara aber, dass dies nicht die völkerrechtliche Anerkennung der Republik Zypern bedeute.
21. September: Auf Druck Zyperns verabschieden die EU-Staaten eine Gegenerklärung, der zufolge die Türkei Zypern "so schnell wie möglich" und noch während des Beitrittsprozesses anerkennen muss. Zugleich wird die Türkei aufgefordert, die Zollunion uneingeschränkt auf Zypern anzuwenden. Eine Einigung auf den Verhandlungsrahmen scheitert am Widerstand Österreichs.
28. September: Das Europäische Parlament spricht sich in einer unverbindlichen Resolution für die Aufnahme der Verhandlungen am 3. Oktober aus. Zugleich dringen die Abgeordneten aber auf eine Anerkennung Zyperns.
29. September: Die EU-Botschafter verfehlen in Brüssel erneut eine Einigung über den Verhandlungsrahmen. Österreich verknüpft seine Zustimmung indirekt mit dem Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Kroatien.
3. Oktober: Die EU legt nach intensiven Verhandlungen ihren internen Streit mit Österreich bei und einigt sich mit der Türkei auf ein Mandat für die Aufnahme der Verhandlungen über einen möglichen Beitritt.
12. Juni 2006: Die EU eröffnet offiziell die Verhandlungen mit dem Kapitel Wissenschaft und Forschung. Das Kapitel wird sofort als erfolgreich eingestuft und wieder abgeschlossen. Auf starken Druck Zyperns, das die Verhandlungen zu blockieren drohte, verlangt die EU noch einmal auf die Anerkennung der Zollunion.
6. Oktober 2006: Bundeskanzlerin Angela Merkel drängt bei ihrem Türkei-Besuch auf die Öffnung der Türkei für zyprische Schiffe und Flugzeuge.
8. November 2006: Der Fortschrittsbericht der EU verlangt von der Türkei stärkere Reformen, unter anderem mehr Religionsfreiheit für Nicht-Muslime und die Abschaffung des Strafrechtsparagrafen über die "Herabwürdigung des Türkentums". Der Streit in der Zypernfrage verschärft sich. Die EU-Kommission schlägt den teilweisen Stopp der Verhandlungen vor.