Verteidigungsminister spricht im EU-Parlament Jung wirbt für US-Raketenschild
In der Großen Koalition ist der geplante US-Raketenschild im höchstem Maße umstritten - trotzdem prescht Verteidigungsminister Jung vor und wirbt vor EU-Abgeordneten für das Projekt. Allerdings müssten auch die südeuropäischen Staaten mit einbezogen werden, meint der CDU-Politiker.
Von Christopher Plass, HR-Hörfunkstudio Brüssel
Große Koalition ist nicht gleich Bundesregierung - da macht Verteidigungsminister Franz Josef Jung einen feinen Unterschied: "Wir haben in der Regierung eine einheitliche Haltung. Das andere ist eine politische Diskussion." Das andere, das ist der Meinungsstreit vor allem mit der SPD und ihrem Vorsitzenden Kurt Beck. Hier ist die Skepsis groß gegenüber dem von den USA angepeilten Raketen-Abwehr-System mit Basen in Europa.
"Schild ist im Interesse der Europäer"
Jung dagegen macht in der letzten Zeit immer deutlicher, dass die Bundesregierung die Pläne unterstützt - vorausgesetzt, ein Alleingang werde ausgeschlossen. Er und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel möchten die Debatte in der Nato führen. Aber dieser Raketen-Schutzschirm, so die neueste Bezeichnung, sei im Interesse der Europäer, so Jung in Brüssel: "Die Bedrohungslage hat sich verändert. Wir haben heute eine Bedrohungslage durch internationalen Terrorismus. Wir haben eine Bedrohungslage durch Massenvernichtungswaffen, Proliferation und durch Krisen- und Konfliktsituationen. Darauf müssen wir reagieren."
Jung fordert Einbeziehung Südeuropas
Vor dem Auswärtigen Ausschuss des Europa-Parlaments sagte Jung auch, dass ein Schutz nur von Nord- und Mitteleuropa nicht ausreiche. Es müsse auch darüber diskutiert werden, Südeuropa einzubeziehen. Dafür wären eventuell zusätzliche Aktivitäten notwendig. Der Minister erinnerte dabei daran, dass bereits 2002 der Auftrag für eine Machbarkeitsstudie ergangen sei. Im Juni werde es einen neuen Bericht geben.
Nato und Russland sollen Thema erörtern
Auf dem informellen Außenminister-Treffen der Nato Ende April in Oslo dürfte diese Diskussion im Mittelpunkt stehen, zumal im Rahmen des Nato-Russland-Rates auch der Dialog mit Moskau verstärkt werden solle. Russland hatte ablehnend auf die US-Pläne reagiert. Jung aber hält dagegen, dass auch die Russen sich schützen müssten, zum Beispiel gegen den Nachbarn Iran: "Ich bin ganz hoffnungsvoll, dass wir zu Übereinstimmung kommen. Das hat auch der Kollege Iwanow unterstrichen." Auch Russland habe ein Schutzinteresse mit Blick auf Entwicklungen in Iran.
Nato-Generalsekretär setzt ebenfalls auf US-Schild
Auch Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer stieß heute in dieses Horn. Angesichts des iranischen Atomprogramms könne man die Tatsache nicht ignorieren, dass Teheran Raketen mit einer Reichweite von 1800 Kilometer getestet habe. Vor den Abgeordneten des Auswärtigen Ausschusses im Europa-Parlament würdigte Verteidigungsminister Jung die Bemühungen um mehr gemeinsame EU-Sicherheitspolitik. Auch eine EU-Armee sei dabei kein Tabu-Thema. Er meint vielmehr, dass " wir in der langfristigen Perspektive eine EU-Armee haben wollen. Wir haben seit 1. Januar die EU-Battlegroup, die Landstreit-Kraft. Das werden wir ergänzen um See und Luft. Langfristig wird auch die Armee Europas stehen."