EU-Russland-Gipfel Putin zum Auftakt versöhnlich gestimmt
Trotz starker Meinungsverschiedenheiten hat der EU-Russland-Gipfel in Samara am Abend versöhnlich begonnen. Russlands Präsident Putin lud Kanzlerin Merkel und EU-Kommissionspräsident Barroso zur nächtlichen Schiffstour auf der Wolga ein - und hier wurde entspannt diskutiert.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat Bundeskanzlerin und EU-Ratspräsidentin Angela Merkel und Kommissionschef Jose Manuel Barroso in der Nähe von Samara an der Wolga empfangen. Der so genannte EU-Russland-Gipfel findet in aufgeheizter politischer Stimmung statt. "Es gibt Probleme", räumte Barroso nach seiner Ankunft in Samara ein. Er fügte hinzu, dass sich für diese "aber auch Lösungen finden ließen".
Merkel kündigte an, bei dem zweitägigen Treffen mit Putin eine offene Aussprache führen zu wollen. "Der große Wert des Treffens liegt darin, dass man Gelegenheit hat, offen über alles zu reden und so die Entwicklung voranzutreiben", sagte die EU-Ratspräsidentin nach ihrer Ankunft in Samara.
Der Auftakt zumindest verlief in entspannter Atmosphäre. Nach dem Abendessen und einem gemeinsamem Konzertbesuch lud Präsident Putin Merkel und Barroso zu einer spontanen Schiffstour auf der Wolga ein. Hier setzten die drei ihre inhaltlichen Diskussionen über Streitpunkte zwischen Russland und der EU fort. Die Kanzlerin sprach von einer "sehr guten Atmosphäre" der Diskussion und warb nach Angaben aus deutschen Delegationskreisen intensiv für eine baldige Aufnahme der Verhandlungen zwischen der EU und Russland zur Erneuerung des Partnerschaftsabkommens. Es läuft Ende des Jahres aus.
Streit um Fleischimporte
Die Gespräche darüber werden wegen eines russischen Boykotts von Fleischimporten aus Polen blockiert. Doch wäre eine Neuauflage nötig, unter anderem um Energielieferungen aus Russland auf eine neue vertragliche Grundlage zu stellen.
Der Streit zwischen Polen und Russland verschärfte sich kurz vor Beginn des Gipfels noch einmal: Polens Außenministerin Anna Fotyga bezeichnete das seit eineinhalb Jahren geltende Fleischembargo als "Kriegserklärung". Sie setze nun auf das Verhandlungsgeschick der EU-Spitze. In Moskau konterte ein Sprecher des russischen Föderationsrates in nicht minder aggressivem Ton: Das polnische Veto gegen das Rahmenabkommen mit Russland sei "ein sinnloser Aufstand gegen den Lauf der Geschichte". Sein Land werde auch weiter die Grenzen für "gammeliges Fleisch" aus Polen geschlossen halten.
Der Fleischstreit ist derzeit nur ein Schauplatz für Konflikte zwischen der EU und Russland. Gestritten wird auch um die Verlegung eines Kriegerdenkmals aus Sowjetzeiten in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Auch beim Thema Kosovo gibt es unterschiedliche Ansichten. Der Streit um den geplanten US-Raketenschild in Tschechien soll beim Gipfel keine Rolle spielen.
Opposition plant Protestmarsch in Samara
Das Treffen findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Tausende Polizisten patroullierten auf dem Gelände der Residenz am Wolga-Ufer nordwestlich von Samara sowie in Samara selbst. Dort will die russische Opposition am Freitag einen so genannten Marsch der Dissidenten abhalten. Obwohl die Behörden die Demonstration auf Druck der EU genehmigten, nahm die Polizei am Donnerstag erneut mehrere Organisatoren vorübergehend fest. Zu der Protestkundgebung will auch der Oppositionspolitiker und frühere Schachweltmeister Garri Kasparow anreisen.