EU-Russland-Gipfel in Samara Offener Dialog und offene Konfrontation
Der Gipfel in Samara sollte die Wogen zwischen EU und Russland glätten, doch am Ende kam es zur Konfrontation: EU-Ratspräsidentin Merkel kritisierte, dass russische Oppositionelle an der Reise zum Gipfelort gehindert wurden. Putin konterte mit dem Hinweis auf deutsche Razzien gegen G8-Gegner.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin haben sich auf dem EU-Russland-Gipfel in Samara einen Schlagabtausch um die Menschenrechte geliefert. Zum Abschluss der Gespräche zeigte Merkel sich "besorgt", dass Oppositionsführer gehindert worden seien, zu einer in der Wolgastadt geplanten Demonstration zu kommen.
Sie hoffe, dass diejenigen, die in Samara ihre Meinung äußern wollten, dies auch tun könnte, sagte Merkel. Ein direkter Verweis auf den Fall des ehemaligen Schachweltmeisters Garri Kasparow, der am Morgen ebenso wie der Autor Eduard Limonow, der Menschenrechtler Lew Ponomarjow und andere Regierungskritiker am Flughafen in Moskau festgenommen worden waren. Sie waren auf dem Weg nach Samara, wo das Aktionsbündnis "Das andere Russland" zu einer Protestkundgebung aufgerufen hatte.
Putin entgegnete, ihn störten Demonstrationen nicht, sie müssten aber im Rahmen der Gesetze bleiben. Zugleich verteidigte er das Recht der Behörden, präventiv tätig zu werden. Solche Maßnahmen würden schließlich auch in anderen Ländern angewandt, sagte Putin in Anspielung auf die Razzien gegen G8-Gipfel-Gegner in Hamburg. Merkel antwortete wiederum, es gebe einen Unterschied zwischen bewaffneten, gewaltbereiten Demonstranten und jemandem, der nur auf dem Weg zu einer Kundgebung sei.
Wenig Ergebnisse, viele Hoffungsbekundungen
Trotz ungelöster Meinungsverschiedenheiten wollen Russland und die EU den Dialog fortsetzen. "Es gelingt nicht immer, sich gegenseitig zu überzeugen", sagte Merkel. Sie hoffe, dass noch offene Probleme einzelner EU-Mitgliedsstaaten in absehbarer Zeit gelöst werden könnten. Putin betonte, man sei sich in fast allen Fragen einig. "Ausnahme sind nur jene Punkte, die noch präzisiert werden müssen. Sie betreffen den wirtschaftlichen Egoismus einiger europäischer Staaten", ergänzte er im Hinblick auf den Fleischstreit mit Polen.
Weil Moskau den Import von Fleisch aus Polen untersagt hat, blockiert die Regierung in Warschau ein neues Partnerschaftabkommen zwischen der EU und Russland. Merkel betonte in Samara, diese Frage sei eine europäische Angelegenheit. Sie sprach sich wie auch Putin für baldige Verhandlungen über ein Neufassung des nach zehn Jahren ablaufenden Abkommen aus.
Warenfluss sollen einfacher werden
Putin bekräftigte zudem die Absicht Russlands, die wirtschaftlichen Beziehungen zu den 27 EU-Staaten weiter auszubauen. Dafür seien bei dem Treffen konkrete Verabredungen getroffen worden. So sollen ein neues Gremium für Investitionen geschaffen und die Grenzkontrollen vereinfacht werden. Eine weitere Verabredung ist der Aufbau eines elektronischen Kontrollsystems für den Warenaustausch, um Markenfälschern und Schmugglern das Handwerk zu legen. Auch bei der geplanten Visafreiheit habe es Fortschritte gegeben.