EU-Parlamentspräsident spricht in der Knesset Kalter Empfang für Pöttering
Der EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering ist im israelischen Parlament ein kühler Empfang bereitet worden. Die Abgeordneten der Knesset zeigten nur wenig Interesse an seiner Rede - die Parlamentspräsidentin war dafür um so aggressiver: Sie warf der EU vor, nicht konsequent genug gegen Iran vorzugehen und für die Palästinenser Partei zu ergreifen.
Von Bettina Marx, ARD-Hörfunkstudio Tel Aviv
So hatte sich das Hans-Gert Pöttering sicher nicht vorgestellt. Denn der Präsident des Europaparlaments war stolz darauf, dass ihn seine erste Reise außerhalb der Europäischen Union ausgerechnet nach Israel führte. Und dass er in Jerusalem vor der Knesset zu den Abgeordneten sprechen durfte. Doch was ihn dort im Hohen Haus erwartete, war schon ungewöhnlich. Bevor er vor fast leeren Rängen und einem betont desinteressierten Ministerpräsidenten sprechen konnte, las ihm Knessetpräsidentin Dalia Itzik gehörig die Leviten. In einer aggressiv vorgetragenen Rede erinnerte sie ihn daran, dass Israel sich unprovozierten Angriffen aus dem Gaza-Streifen ausgesetzt sehe: "Herr Präsident, welcher Staat in Europa oder der Welt würde es akzeptieren, dass seine Bürger jeden Tag mit Raketen angegriffen werden. Einfach nur so. Ohne Grund. Wie viel Zurückhaltung kann man von uns verlangen?"
"Zu wenig, zu spät"
Dann forderte sie die Europäische Union auf, entschiedener gegen den Iran vorzugehen: "Warum, Herr Präsident beschließen Sie nicht, dass der iranische Präsident kein erwünschter Gast in Europa ist? Warum sagen Sie ihm nicht, dass sein Fuß Europa nicht betreten wird? Warum, brechen Sie nicht die Beziehungen zum iranischen Parlament ab?" Und schließlich brachte sie das tiefe israelische Misstrauen gegenüber Europa auf einen kurzen Nenner: "Wissen Sie Herr Präsident, es gibt bei uns solche, die sagen, dass Europa immer zu wenig und zu spät reagiert. Es lohnt sich, darüber mal nachzudenken."
Pöttering fordert Freilassung von Palästinenser-Minister
Pöttering ging in seiner Rede auf alle Vorwürfe ein. Er verurteilte die verbalen Attacken des iranischen Präsidenten und die Raketenangriffe auf Israel, er gestand dem jüdischen Staat das Recht zu, sich gegen Angriffe zu wehren und unterbreitete eine Reihe von Vorschlägen wie die europäisch-israelische Zusammenarbeit verbessert werden könnte. Trotzdem löste er bei seinen Gastgebern Verärgerung aus, als er sagte: "Das Europäische Parlament ruft dazu auf, einerseits die entführten israelischen Soldaten - Ehud Goldwasser, Eldad Regev und Gilad Shalit, sowie den britischen Korrespondenten Alan Johnston freizulassen, und andererseits die verhafteten Parlamentsabgeordneten und andere Politiker, darunter den Bildungsminister Nasser al Shaer, aus der Haft zu entlassen."
EU-Präsident rüde zurechtgewiesen
Al Shaer war vor wenigen Tagen in einer nächtlichen Aktion in Nablus festgenommen worden, zum zweiten Mal in einem Jahr. Bisher wurde keine Anklage gegen ihn erhoben. Für Parlamentspräsidentin Itzik aber ist schon entschieden, dass er schuldig ist. Nach dem Ende von Pötterings Rede und abweichend von den üblichen diplomatischen Gepflogenheiten wies sie den Gast daher rüde zurecht: "Ich möchte doch einiges korrigieren. Sie haben hier über den palästinensischen Erziehungsminister gesprochen und ich will Ihnen sagen, wie er Erziehung versteht. Er schickt Kinder aus, um sich in die Luft zu sprengen. Er sorgt dafür und das wissen wir genau. Er hetzt, er ist verantwortlich für die Hetze in den Schulbüchern. Es wäre ganz gut, wenn Sie sich ein paar Informationen aneignen würden, die Ihnen sicher einfach fehlen."
Geradezu peinlich wurde es dann, als Itzik zur Tagesordnung überging, ohne abzuwarten, dass der Ehrengast aus dem Plenum geleitet wurde. Erst als Pöttering ein wenig verdutzt und unsicher aufstand und das Podium verlassen wollte, unterbrach sie sich und forderte einen Knessetdiener auf, ihn hinaus zu geleiten.