EU droht mit rechtlichen Schritten Bundesregierung verschleppt Nichtraucherschutz
Die Bundesregierung tut nach Ansicht der EU-Kommission zu wenig für den Schutz der Nichtraucher. Nur zögerlich würden rauchfreie Zonen geschaffen, und die Frist für die Umsetzung des Tabakwerbeverbots sei auch verstrichen. EU-Gesundheitskommissar Kyprianou ist zu rechtlichen Schritten bereit.
Die EU-Kommission wirft der Bundesregierung Versäumnisse im Kampf gegen Tabakkonsum vor und droht mit rechtlichen Schritten. Deutschland lasse sich mehr Zeit als andere Länder, um rauchfreie Zonen zu schaffen, sagte der Brüsseler Gesundheitskommissar Markos Kyprianou der "Berliner Zeitung".
Er forderte Berlin auf, endlich das europäische Werbe- und Sponsorenverbot für Tabak in nationales Recht umzusetzen. Deutschland hat die dafür gesetzte Frist Anfang April verstreichen lassen. "Ich bin entschlossen, den Fall unverzüglich vor den (Europäischen) Gerichtshof zu bringen", sagte Kyprianou. Deutschland und Luxemburg sind nach Angaben des EU-Kommissars die einzigen EU-Staaten, die das Tabakwerbeverbot noch nicht gesetzlich geregelt haben.
Die Bundesregierung wies die Vorwürfe zurück. "Es geht nicht darum, den Nichtraucherschutz verhindern zu wollen", sagte eine Sprecherin. Die EU solle aber nicht vorschreiben, welche Werbung in Deutschland gedruckt werde und welche nicht.
Warnung der Grünen
Die Grünen warnten bereits Ende März vor Strafzahlungen bei einer weiteren Verzögerung der Umsetzung des europäischen Tabakwerbeverbots. "Statt einen gesundheitspolitisch sinnvollen Baustein zum Nichtraucherschutz anzugehen, setzt Angela Merkel lieber Steuergelder aufs Spiel", sagte die Grünen-Gesundheitsexpertin Birgitt Bender.
Das Werbeverbot muss seit vergangenem August überall in der EU in Kraft sein. Die Richtlinie verbietet grenzüberschreitend Werbung für Zigaretten und andere Tabakprodukte in Printmedien, im Radio und im Internet. Sie untersagt zudem Sponsoring internationaler Veranstaltungen durch Zigarettenhersteller. Tabakwerbung im Fernsehen ist seit Anfang der 90er Jahre verboten.
Kyprianou hofft auf rasche Umsetzung
Kyprianou meinte zuversichtlich, der Nichtraucherschutz in Deutschland sei populär. "Ich hoffe, dass die deutsche Regierung das berücksichtigt und rasch wirksame Maßnahmen ergreift, um Rauchen an allen Arbeitsplätzen und in allen frei zugänglichen Räumen zu untersagen." Als Vorbild nannte Kyprianou Irland, wo das öffentliche Rauchen auch in allen Kneipen und Bars seit zwei Jahren verboten ist.
An den Folgen des Tabakkonsums sterben in der EU jährlich 650.000 Menschen. "Weil das Kosten von bis zu 100 Milliarden Euro verursacht, ist Nichtraucherschutz auch eine gute Investition", sagte der Gesundheitskommissar.