Prager Gericht soll Streitigkeiten schlichten Wem gehört "www.sex.eu"?

Stand: 25.05.2006 01:25 Uhr

Seit kurzer Zeit gibt es Internetadressen mit der Endung .eu - und längst wird auch hier um den Anspruch auf bestimmte Adressen gestritten. Ein Schiedsgericht in Prag soll die Streitigkeiten lösen. Keine leichte Aufgabe, denn es geht um ein Riesengeschäft. Mit einzelnen Domain-Namen wie "sex.eu" oder "poker.eu" lassen sich leicht tausende Euro am Tag verdienen. Und die Domainhändler arbeiten mit zahlreichen Tricks.

Von Peter Hornung, ARD-Hörfunkstudio Prag

"Allein auf den existierenden Internet-Seiten mit Pokerprogrammen werden teilweise tausende Dollar pro Tag in die Kassen der Betreiber gespült", erklärt Daniel Kollinger. Er weiß, wovon er spricht. Kollinger ist Internet- Experte und beschäftigt sich mit Domain-Bewertung, das heißt, er ermittelt Handelspreise für Internetadressen.

200.000 Domains für 20 Firmen

Seit Anfang April sind nun die neuen Adressen mit der Endung .eu erhältlich. Mehr als 1,8 Millionen gibt es schon, denn der Handel blüht schon länger. Ausgewählte Nutzer durften ihre Anträge schon seit Anfang Dezember bei der zuständigen EU-Vergabestelle einreichen. "Die EU-Vergabe war zuerst ein Riesenerfolg", so Daniel Kollinger. "Aber wenn man genauer ins Detail schaut, sieht man, wenige Firmen - nur etwa 20, haben mehr als 200.000 Top-Domains bekommen. Und diese Leute versuchen jetzt, diese Domains gewinnbringend zu verkaufen." Es geht also um viel Geld. Kein Wunder, dass es auch schon Streit gibt, ob bestimmte Bewerber Adressen zu Recht bekommen haben oder nicht.

Zuständig für solche Streitigkeiten ist ein Schiedsgericht in Prag, eigens beauftragt von der EU. Hierher wenden sich die Bewerber, die erfolglos waren. Internet-Juristen wie Zbyněk Loebl versuchen dann zu klären, ob die Vergabe rechtmäßig war. Keine leichte Aufgabe, wie Loebl erklärt: "Es gibt nur begrenzte Möglichkeiten für das Schiedsgericht, böse Absichten bei der Registrierung oder bei der Nutzung der Adressen aufzuspüren. Es geht vielmehr darum, nachzuprüfen, ob die europäische Registrierungsstelle EuRid ihre Arbeit ordentlich gemacht hat."

Barc & Elona = Barcelona.eu?

Anspruch auf eine .eu-Adresse hat zuerst einmal der, der eine Handelsmarke gleichen Namens eingetragen hat. Einige Geschäftemacher haben deshalb eigens Marken eintragen lassen, um dann begehrte Adressen zu bekommen. Da wurde nicht selten mit technischen Tricks gearbeitet. Zum Beispiel bei der Adresse Barcelona.eu. Da hat sich eine niederländische Firma einfach die Marke „Barc & Elona“ registrieren lassen. Das "&" wird aber als Sonderzeichen einfach weggelassen, übrig bleibt die beliebte Städteadresse Barcelona.eu.

Prompt hat die Stadtverwaltung von Barcelona sich in Prag beschwert – erfolgreich, wie Loebl erläutert: "Die Mitglieder des Schiedsgerichtes haben entschieden, dass man die Bedeutung des Worts zusammen mit dem Sonderzeichen betrachten muss. Und in diesem Fall entspricht 'Barc & Elona' eben nicht 'Barcelona', sondern 'Barc und Elona'. Mit "Barc und Elona.eu" aber kann der Händler aus Holland nichts anfangen, Barcelona.eu schließlich bekam die spanische Stadt zugesprochen. Kein Problem für den Händler, denn er hat vorgesorgt. Städte- und Ländernamen aus ganz Europa hat er sich auf diese Weise reservieren lassen.

280 Bewerber wollen "sex.eu"

Insgesamt liegen bisher in Prag 200 Fälle zur Entscheidung vor - Tendenz steigend. Für die Adresse sex.eu zum Beispiel gibt es schon über 280 Bewerber - nicht unwahrscheinlich, dass auch dieser Fall beim Schiedsgericht landen wird. Seine Arbeit, sie ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, das weiß auch Jurist Loebl. Das große Geschäft mit den eu-Adressen will er ohnehin nicht stoppen: "Wenn es um Handel mit Domain-Namen geht, der nicht europäischer Rechtsprechung entgegenläuft, warum nicht? Ich würde umgekehrt sogar sagen, es zeigt doch das Interesse an den Internetadressen mit der Endung eu."