Treffen der EU-Innenminister in Wien Welche Flüchtlingspolitik für Europa?
Von einer gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingspolitik sind die Mitgliedsstaaten der EU noch weit entfernt. Aber die dramatischen Bilder von afrikanischen Flüchtlingen, die in der spanischen Exklave Melilla im Stracheldraht hängen bleiben, sind den EU-Innenministern noch gut in Erinnerung. Sie haben heute zweitägige Beratungen über eine engere Zusammenarbeit aufgenommen.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkkorrespondent Brüssel
Jedes Jahr versuchen tausende Menschen von Nordafrika aus, die Festung Europa zu erreichen - vor allem über das Mittelmeer. Sie landen an den Küsten von Italien oder Spanien, wenn sie nicht vorher auf hoher See aufgegriffen werden oder mit ihren Booten kentern und ertrinken. Andere versuchen über Marokko in die spanische Exklave Melilla in Nordafrika zu kommen.
Von Jahr zu Jahr werden es mehr - der Druck wird immer größer.Vor wenigen Monaten gab es in Melilla dramatische Szenen - mehrere Flüchtlinge kamen an der Grenze zu Tode. Was tun?
Mobile Einsatztrupps und Patrouillenboote
Die EU-Innenminister wollen sich auf mobile Einsatztrupps verständigen, die in solchen Fällen schnell helfen sollen - mit Zeltstädten und psychologischer Betreuung beispielsweise. Außerdem sollen die Kontrollen weiter verbessert werden. Die EU will Marroko und Libyen helfen, ihre Küste besser zu überwachen, damit die Flüchtlinge gar nicht erst aufs Meer hinaus kommen. Mit europäischem Geld sollen beispielsweise Patrouillenboote und Nachtsichtgeräte angeschafft werden.
Für Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist aber klar, dass es nicht nur darum gehen kann: „Sie müssen neben effizienter Grenzkontrolle, die Sie brauchen, die Ursachen bekämpfen und Sie müssen kooperieren mit den Nachbarstaaten. Ich meine, was wir nicht akzeptieren können ist, dass die Menschen im Mittelmeer ertrinken.“ Die EU will möglichst verhindern, dass die Menschen ihre Länder überhaupt verlassen.
Schutzzentren vor Ort sollen Flüchtlinge im Land halten
Zum einen sollen die Lebensbedingungen verbessert werden - dafür soll die Entwicklungshilfe aufgestockt werden. Viele EU-Länder hinken bei diesem selbstgesteckten Ziel aber deutlich hinterher - Deutschland ist eins von ihnen. Außerdem will die EU gemeinsam mit den Vereinten Nationen vor Ort sogenannte Schutzzentren errichten. Dort sollen die Menschen nach Möglichkeit davon abgehalten werden, ihre Heimat zu verlassen. Aber: Ob sie überhaupt dort hingehen und sich überzeugen lassen, das steht auf einem anderen Blatt.
Ein erstes derartiges Schutzzentrum soll möglichst noch im Januar in Tansania errichtet werden. Doch wie geht man mit denen um, die es bis nach Europa schaffen und einen Asylantrag stellen? Die EU hat in den vergangenen Jahren Grundregeln vereinbart, die sicherstellen sollen, dass Asylbewerber in allen EU-Ländern gleich behandelt werden. Aber letztlich steckt die gemeinsame europäische Asylpolitik noch in den Kinderschuhen.
Europäischer Schlüssel für die Verteilung von Flüchtlingen?
In den kommenden Jahr soll die Zusammenarbeit verbessert werden: denkbar wäre zum Beispiel ein europäischer Schlüssel, der dafür sorgt, dass die Flüchtlinge gerecht auf die einzelnen Länder verteilt werden. Spanien beispielsweise hat hunderttausende Flüchtlinge im Land, in Portugal dagegen gibt es pro Jahr nur rund 120 Asylanträge.
Trotzdem: große Fortschritte bei der gemeinsamen Asylpolitik wird es nicht geben - weder heute in Wien noch in der nächsten Zeit. Noch will sich niemand von Brüssel vorschreiben lassen, wen er ins Land holen muss.