Untersuchung des Europäischen Parlaments CIA-Ausschuss berät Abschluss-Bericht
Die Operationen der Geheimdienste im "Kampf gegen den Terror" haben ein Jahr lang einen Ausschuss des EU-Parlaments beschäftigt. Zur Stunde stimmt das Gremium über seinen Abschlussbericht ab. In dem Papier wird auch Deutschland eine Schuld zugesprochen.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkkorrespondent Brüssel
Ein Jahr lang hat der Untersuchungsausschuss des Europa-Parlaments versucht, sich durch das Dickicht von angeblich über 1200 CIA-Geheimflügen in Europa durchzuarbeiten und zu klären, ob es CIA-Geheimgefängnisse in Europa gab. Wurden Menschen in Europa illegal verschleppt und gefoltert, weil man sie für Terroristen hielt?
Beweise gibt es keine, aber eindeutige Indizien - so das Fazit im Abschlussbericht des Ausschusses. "Wenn wir alle Zeugenaussagen zusammen fassen, dann können wir festhalten, dass es sich nicht um einzelne Episoden handelt, sondern um eine weit verbreitete Praxis – ich glaube man kann nur zu diesem Schluss kommen", meint der italienische Europa-Abgeordnete Claudio Fava.
Was wußten Europas Regierungen?
Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, inwiefern die europäischen Regierungen eingeweiht waren - ob sie wussten von den geheimen CIA-Flügen und wozu sie dienten.
Für den deutschen EU-Abgeordneten Cem Özdemir gibt es daran keinen Zweifel: "Ganz offensichtlich hatte Colin Powell recht, als er als ehemaliger amerikanischer Außenminister sagte: nichts ist geschehen ohne Wissen und Zustimmung unserer Partner –damit waren vor allem die europäischen Regierungen gemeint. Und nach heutigem Wissenstand kann man sagen: das stimmt".
Al Masri und Kurnaz sagten als Zeugen aus
Dutzende Zeugen wurden verhört, Regierungsvertreter, Ermittler, Opferanwälte und einige Opfer selbst. Darunter auch der Deutsch-Libanese Khalid al Masri - er wurde Ende 2003 von der CIA aus Mazedonien nach Afghanistan verschleppt und dort monatelang gefangen gehalten. Unschuldig - als Opfer einer Verwechslung.
Und Murat Kurnaz - der Türke aus Bremen, der über vier Jahre lang unschuldig in Guantanamo eingesessen hat. Davor war er in Afghanistan gefangen gehalten worden. Bei seiner Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss des Europa-Parlaments hatte Kurnaz behauptet, dort im Januar 2002 auch von zwei deutschen Soldaten misshandelt worden zu sein: "Einer der deutschen Soldaten kam, hielt mich an meinen Haaren, zog meinen Kopf hoch und sagte: Wir sind das KSK. Dann schlug er meinen Kopf auf den Boden".
In Deutschland sorgt der Fall Kurnaz für Wirbel - noch immer ist unklar, in welchem Umfang die damalige rot-grüne Bundesregierung für die lange Inhaftierung von Krunaz mit verantwortlich ist. Der EU-Abgeordnete Claudio Fava kommt in seinem Abschlussbericht zu dem Schluss, dass "die deutsche Regierung vertraulichen institutionellen Informationen zufolge das Angebot der Amerikaner aus dem Jahre 2002, Kurnaz aus Guantanamo freizulassen, nicht angenommen hat."
Bundesaußenminister Steinmeier soll deshalb noch in Deutschland vom BND-Untersuchungsausschuss vernommen werden - er war damals Kanzleramtsminister. Vor dem Untersuchungsausschuss des Europa-Parlaments wollte Steinmeier nicht aussagen.