Wie die EU wächst Ringen um die Erweiterung: Was bisher geschah
Rückblick: Anfang der neunziger Jahre ändert sich die politische Ordnung in Europa grundlegend. Die mittel- und osteuropäischen Staaten blicken nach Westen, der Beitritt zur EU ist begehrt. Doch der Weg erweist sich als langwierig und steinig. Ein Überblick über die wichtigsten Schritte der vergangenen Jahre.
Der Zusammenbruch der Sowjetunion ändert die politische Landkarte in Europa Anfang der neunziger Jahre vollständig. Frühere Blockstaaten reformieren sich von Grund auf, neue Staaten entstehen - und alle blicken nach Westen.
Anfang der neunziger Jahre - Die ersten Schritte: Die EU startet 1989 für die mittel- und osteuropäischen Staaten zunächst das so genannte Phare-Programm. Das Geld daraus soll den Reformprozess unterstützen. Phare hat sich inzwischen zum wichtigsten Instrument für die finanzielle Zusammenarbeit zwischen EU und den Empfängerländern entwickelt. Die Phare-Zuschüsse müssen in der Regel nicht zurückgezahlt werden. Seit dem Jahr 2000 hat das Programm ein Budget von rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Ein weiterer Schritt in Richtung Erweiterung sind die so genannten Europa-Abkommen (Assoziationsabkommen). Sie regeln die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den mittel- und osteuropäischen Ländern und der EU. Ziel ist vor allem die Liberalisierung des Handels und die wirtschaftliche Zusammenarbeit.
1993 - Der Startschuss: Der Europäische Rat legt in Kopenhagen den Grundstein für eines der ehrgeizigsten Projekte in der Geschichte der EU: Der Gipfel stimmt der Erweiterung der EU grundsätzlich zu. Die Beitrittsgesuche der Osteuropäer werden als rechtmäßig anerkannt. Die "Kopenhagener Kriterien" schreiben die Voraussetzungen für einen Beitritt fest .
1997 - Gipfel von Amsterdam und die "Agenda 2000": Das Projekt "Osterweiterung" nimmt Gestalt an. Der Europäische Rat spricht sich dafür aus, die Beitrittsverhandlungen mit den Kandidatenländern im darauffolgenden Jahr aufzunehmen. Nur kurze Zeit nach dem Gipfel von Amsterdam legt die Kommission ihre "Agenda 2000" vor - ein dreiteiliges Dokument, das die riesigen Herausforderungen der Zukunft zu Papier bringt. Die Erweiterung gehört zu einem der drei Teile. Die "Agenda 2000" enthält Stellungnahmen der Kommission zu den Beitrittsanträgen der einzelnen Länder. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass es zwischen den einzelnen Beitrittsländern noch erhebliche Unterschiede gibt und empfiehlt deshalb, Beitrittsverhandlungen mit zunächst fünf Ländern - Estland, Ungarn, Polen, Tschechien und Slowenien - zu eröffnen.
1998 - Auftakt zum Verhandlungsmarathon: Der Beitrittsprozess beginnt offiziell am 30. März. Die Verhandlungen werden auf bilateralen Beitrittskonferenzen geführt. Festgelegt wird, dass die Tagungen alle sechs Monate auf Ministerebene und jeden Monat auf Botschafterebene stattfinden. Der Auftakt der Verhandlungen ist jedoch ein eher formaler Akt. Die genauen Verhandlungspositionen sind damit noch lange nicht klar. Sie werden erst festgelegt, nachdem klar ist, inwieweit sich die Kandidaten den Gemeinschaftsvorschriften bereits angepasst haben.
1999 - Finanzielle Fragen und die nächste Erweiterungsrunde: Auch Beitrittsvorbeitungen kosten Geld. Der Europäische Rat einigt sich deshalb im März 1999 in Berlin auf die Finanzinstrumente zur Heranführung der Beitrittskandidaten an die EU. Konkret beschlossen werden ein struktur- und ein agrarpolitisches Programm. Auch Phare wird erneuert und erhält mehr Gewicht. Ein halbes Jahr später einigen sich die Staats- und Regierungschefs in Helsinki darauf, nun auch Beitrittsverhandlungen mit den verbliebenen Kandidaten Bulgarien, Lettland, Litauen, Malta, Rumänien und der Slowakei aufzunehmen. Wie schon in der ersten Runde sollen bilaterale Regierungskonferenzen einberufen werden. Die Verhandlungen mit der Helsinki-Gruppe werden im Februar 2000 offiziell eingeleitet.
2000 - Historischer Gipfel in Südfrankreich: Das Erweiterungsprojekt stellt nicht nur die Beitrittskandidaten auf eine harte Probe. Auch die EU selbst wird das Projekt in ihrer bisherigen Form nicht bewältigen können. Auf dem Gipfel von Nizza soll deshalb eine umfangreiche Reform der Institutionen beschlossen werden. Fünf Tage lang wird um jede Formulierung gerungen, am Ende stehen viele Kompromisse auf dem Papier - etwa bei den Mehrheitsregeln im Ministerrat, bei der Stimmenverteilung oder der Besetzung der Kommission. Dennoch schaffen es die Gipfel-Teilnehmer, sich am Ende auf einen Vertragstext zu einigen.
2002 - Der Agrar-Streit ist beigelegt: Der Gipfel von Brüssel räumt einen der größten Stolpersteine aus dem Weg - die Staats- und Regierungschefs einigen sich auf die künftige Höhe der Agrarsubventionen. Die neuen Mitglieder erhalten die Unterstützungen zunächst anteilig, bis 2013 sollen sie den anderen EU-Bauern gleichgestellt werden. Der Gipfel kommt außerdem zu dem Schluss, dass zehn Kandidaten die Voraussetzungen für einen Beitritt erfüllen: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern. Mit diesen Ländern sollen die Beitrittsverhandlungen auf dem Gipfel von Kopenhagen im Dezember 2002 abgeschlossen werden. Die Verträge über den Beitritt sollen im April 2003 unterzeichnet werden. Nach der Ratifizierung sollen sie Anfang 2004 der EU beitreten. Der Beitritt Rumäniens und Bulgariens wird für 2007 angestrebt.
Andrea Krüger, tagesschau.de