Auftakt zum Labour-Parteitag Machtkampf auf offener Bühne
Fünf Tage lang wollen die Labour-Delegierten diskutieren. Schon zum Auftakt wird deutlich, dass es auf dem Parteitag wohl mehr als nur um Richtungskämpfe gehen wird.
Der Parteitag hat noch gar nicht richtig begonnen, da ist der stellvertretende Vorsitzende schon enttäuscht: Er habe gehofft, die Partei finde in dieser Woche zusammen, sagt Tom Watson. "Wir hatten einen schlechten Start für den Parteitag. Ich kann da nichts dran ändern."
Dabei geht es bei dem "schlechten Start" vor allem um ihn. In einer Nacht- und Nebel-Aktion haben Vertreter aus dem linken Parteiflügel noch vor Beginn des Parteitags versucht, Watson auszubooten.
Watson gilt als moderate Kraft bei Labour, ist aber auch ein beständiger Kritiker seines Parteivorsitzenden Jeremy Corbyn. Er findet, Corbyn gehe nicht klar genug gegen antisemitische Tendenzen in der Partei vor, und beim Brexit-Kurs verlangt er - anders als Corbyn - ein eindeutiges Ja für den Verbleib.
Vorwurf Illoyalität
Watsons Gegner werfen ihm Illoyalität vor und haben jetzt versucht, seinen Posten als stellvertretender Parteivorsitzender kurzerhand abzuschaffen. Das seien Leute, die nicht mit klarem Kopf denken, sondern sektiererische Spiele spielten, sagt Watson.
Die Initiative wurde inzwischen gestoppt, zeigt aber, dass die Macht- und Richtungskämpfe bei Labour aus der Kulisse auf die offene Bühne treten. Die Stellvertretung werde insgesamt nochmal überprüft, sagt Parteichef Corbyn, um die Vielfalt der Gesellschaft widerzuspiegeln.
Ein finales Ende des Vorstoßes ist das allerdings nicht. Corbyn will sich zu dem Vorgang nicht weiter äußern und versichert nur, dass Watson der stellvertretende Parteivorsitzende sei und er gern mit ihm zusammenarbeite.
Vizechef Tom Watson zufolge müsse es erst ein zweites Referendum geben. Labour müsse sich dabei "eindeutig und einstimmig" für den Verbleib in der EU stark machen.
Viele sind unzufrieden
Allerdings verfolgt Corbyn eine Brexit-Strategie, mit der viele an der Parteispitze und an der Parteibasis unzufrieden sind. Der Parteichef will zunächst Neuwahlen, dann ein neues Abkommen mit der EU aushandeln, und darüber dann in einem zweiten Referendum abstimmen lassen - wobei nicht klar ist, ob und für welche Seite er sich dann entscheidet. Das aber ist vielen Mitgliedern zu wenig und zu kompliziert.
Dieser Labour-Parteitag sei wahrscheinlich einer der wichtigsten seit Jahrzehnten, sagt Tony Blair. Der frühere Premierminister befürchtet, seine Partei könnte sich unter Corbyn in eine Neuwahl hineintreiben lassen, in der es nur um den Brexit geht - und das, sagt nicht nur Blair, könnte verheerend für Labour ausgehen.