Ringen um die Anerkennung Kosovos Die EU braucht ein diplomatisches Kunststück
In Brüssel ringen die Außenminister der Europäischen Union um eine gemeinsame Haltung zum neuen Staat Kosovo. Die Gemeinschaft ist gespalten: Die Mehrheit ist für eine Anerkennung. Aber es gibt auch Gegner - Staaten, die fürchten, dass das Beispiel Kosovo Schule machen könnte.
Der neue Balkan-Staat Kosovo spaltet die Europäische Union. Die meisten Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, Großbritannien und Frankreich, wollen die ehemalige serbische Provinz bald anerkennen - auch wenn Kanzlerin Angela Merkel jetzt verkündete, Deutschland werde diesen Schritt "nicht heute" vollziehen.
Aber die EU ist sich nicht einig: Mehrere Staaten sind gegen eine Anerkennung: Zu ihnen gehören Griechenland, Zypern, Rumänien, die Slowakei und - allen voran - Spanien. Jeder dieser EU-Staaten hat Probleme mit Minderheiten im eigenen Land.
Gemeinsame Erklärung - die Quadratur des Kreises
In Brüssel debattieren die EU-Außenminister nun über eine allgemein gehaltene Erklärung, die es jedem der 27 EU-Staaten ermöglicht, selbst zur Unabhängigkeit Stellung zu nehmen. Am Rande der Tagung schloss Spaniens Chef-Diplomat Miguel Moratinos - völlig undiplomatisch - eine Anerkennung des neuen Staates noch einmal kategorisch aus. Die spanische Regierung fürchtet, dass die Abspaltung des Kosovo die separatistischen Bestrebungen des Baskenlandes stärken könnte. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner sprach dagegen von einem "großen Erfolg für die Kosovaren" und einem "großen Erfolg für Europa". Die slowenische Ratspräsidentschaft laviert zwischen den Polen und plädiert dafür, dem neuen Staat eine europäische Perspektive zu geben.
Völkerrechtlich ist die Anerkennung eines neuen Staates zunächst nicht Sache der EU, sondern die jedes einzelnen Mitgliedsstaates. Dennoch: Sollte sich die EU nicht auf eine Linie einigen können, drohen spätestens dann Schwierigkeiten, wenn die Union mit dem Kosovo Abkommen abschließen will.
Weltgemeinschaft ist gespalten
Tiefe Meinungsverschiedenheiten traten in der vergangenen Nacht auf einer Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates zutage. Während Russland wie Serbien die Unabhängigkeit ablehnte, unterstützten die USA, Großbritannien und Frankreich das Vorgehen der Kosovo-Albaner. Die Sitzung wurde von Russland beantragt, das die Unabhängigkeitserklärung vom Sonntag als Verstoß gegen eine UN-Resolution von 1999 betrachtet. Damals wurde das Kosovo im Anschluss an den Krieg der Nato unter die Verwaltung der Vereinten Nationen gestellt, aber auch die völkerrechtliche Zugehörigkeit zu Serbien bestätigt.
Seit Sonntag unabhängig
Die ehemalige serbische Provinz Kosovo hatte gestern ihre Unabhängigkeit erklärt. Das Parlament der fast nur noch von Albanern bewohnten Region verabschiedete eine entsprechende Deklaration: "Wir erklären, dass Kosovo ein unabhängiger, souveräner und demokratischer Staat ist", heißt es darin.
Athisaari-Plan ist die Grundlage
Grundlage der Verfassung des Kosovo soll der so genannte Ahtisaari-Plan werden – benannt nach dem früheren finnischen Staatspräsidenten, der im Auftrag der Vereinten Nationen monatelang mit Albanern und Serben verhandelt und schließlich, nachdem es keine Einigung gab, seinen eigenen Vorschlag präsentiert hatte. Eine Art überwachte Unabhängigkeit ist darin vorgesehen, kontrolliert von einer internationalen Verwaltungsbehörde, an deren Spitze der niederländische EU-Beamte Peter Feith als letzte Autorität stehen wird.