Skandal um Odebrecht Der korrupteste Baulöwe Südamerikas

Stand: 01.02.2017 15:25 Uhr

An Odebrecht kommt in Lateinamerika keiner vorbei - er baut WM-Stadien, Flughäfen oder Autobahnen. Doch der Konzern steckt in einem riesigen Korruptionsskandal und könnte auch zahlreiche Politiker mit sich reißen.

Einem der größten Unternehmen Lateinamerikas einen Platzverweis erteilen, das hätte man gerade von Perus wirtschaftsliberalem Präsidenten Pedro Pablo Kuczinsky nicht gedacht: "Leider haben sie diese Laster der Korruption, sie müssen ihre Projekte hier in Peru abgeben und gehen, das Spiel ist aus."

Die Rede ist von Odebrecht, Brasiliens führendem Baukonzern, beteiligt an allen Großprojekten von den Stadien zur Fußball-WM 2014 bis zum Olympischen Dorf in Rio. Und nicht nur dort: Zwischen Feuerland und Karibik und sogar in Afrika errichtete Odebrecht in den letzten 15 Jahren Flughäfen, Autobahnen und U-Bahnen bis hin zu ganzen Städten.

"Korruption war Geschäftspraxis"

Korruption gehörte dabei immer dazu, das Unternehmen unterhielt dafür sogar eine eigene Spezialabteilung, erklärt die investigative Journalistin Malu Gaspar, die sich für die Zeitschrift Piaui mit dem Fall befasst. "Korruption war Geschäftspraxis des Konzerns." Bereits seit den 80er-Jahren habe der Konzern gezielt Länder mit schwachen Institutionen für seine Geschäfte ausgewählt, die anfällig für Korruption waren. "Das gehörte zur Geschäftspraxis, und die Regierungen der Länder haben sich daran immer recht schnell angepasst", betont Gaspar. 

Angola oder Argentinien, Peru oder Panama, Venezuela oder Kolumbien - die Rede ist von Bestechungsgeldern in Höhe von 788 Millionen US-Dollar. Aufgedeckt werden konnte das Korruptionsschema durch die Aussagen einer Chefsekretärin. Dabei hatte die Konzernführung jahrelang jegliche Schuld von sich gewiesenund darauf vertraut, dass sie nicht in den Fokus der Ermittler gerät.

Korruptionsskandal historischen Ausmaßes

Sie hat falsch gepokert. Denn seit nunmehr drei Jahren ermittelt die brasilianische Justiz in einem Korruptionsskandal historischen Ausmaßes: "Lava Jato" genannt, Autowaschanlage, weil die Ermittlungen 2014 an einer solchen in Brasilia begannen. Es geht um Schmiergeldzahlungen in Milliardenhöhe, im Austausch für lukrative Aufträge.

Führende Unternehmen, der halb staatliche Ölkonzern Petrobras und fast die gesamte politische Klasse sind darin verwickelt. "Zum ersten Mal lässt uns das erkennen, es geht nicht nur um ein wirtschaftliches, sondern auch um ein politisches Phänomen", betont die Journalistin Gaspar. Odebrecht habe enge Beziehungen zur Arbeiterpartei und Brasilien Ex-Präsident Lula da Silva unterhalten und in ganz Südamerika befreundete Linksregierungen finanziert. "Eine Sache ging mit der anderen einher. Und das Ausmaß ist beeindruckend." 

"Enthüllungen des Weltuntergangs"

Auch nach Lula und jenseits von ideologischen Gemeinsamkeiten lief das System weiter. Und das dicke Ende könnte erst noch kommen: Brasiliens Oberster Gerichtshof hat Kronzeugenaussagen von 77 führenden Odebrecht-Managern zugelassen. Details über Zahlen, Konten, Personalien. Die Medien sprechen schon jetzt von den "Enthüllungen des Weltuntergangs", denn sie könnten, das ist trotz strenger Geheimhaltung durchgesickert, auch den aktuellen, konservativen Präsidenten Michel Temer belasten. Das Gericht werde tun, was es tun muss, erklärte der mit versteinerter Miene.

Temer steht unter Druck. Genauso wie seine Vorgänger im Amt und Hunderte andere Politiker in elf weiteren Ländern, vor allem in Lateinamerika. Zwar agiert die Justiz nicht überall so mutig wie in Brasilien, vielerorts werden Nachforschungen behindert, eine länderübergreifende Zusammenarbeit gibt es kaum. Doch Odebrecht  wurde  bereits jetzt zu Milliarden-Strafzahlungen und Reformen verdonnert. Die Zukunft des Konzerns steht auf dem Spiel, genauso wie die vieler Politiker auf dem Kontinent.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandradio Kultur am 01. Februar 2017 um 05:44 Uhr.