Russischer Oppositioneller Kara-Mursa "Nicht stillhalten, bis alle in Freiheit sind"
Der Kreml-Kritiker Kara-Mursa ist sich sicher, dass er ohne den Gefangenenaustausch die Lagerhaft in Russland nicht überlebt hätte. In den tagesthemen appelliert er daher, nicht aufzugeben, bis alle politischen Häftlinge frei sind.
Der Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa hat nach seiner Freilassung beim Gefangenenaustausch zwischen dem Westen und Russland dazu aufgerufen, das Schicksal der weiterhin in Russland inhaftierten Oppositionellen nicht zu vergessen. Es müsse alles dafür getan werden, dass auch sie freikommen, sagte er in den tagesthemen.
"Wir dürfen nicht vergessen, dass es noch mehr als 1.000 politische Gefangene in den russischen Gefängnissen gibt." Viele davon säßen aus einem einzigen Grund dort: weil sie den aggressiven Krieg Putins gegen die Ukraine kritisieren. Diese Menschen hätten kein einziges Verbrechen begangen, "werden aber in Strenge, in Erniedrigung und unter Folter gehalten".
"Von den zweieinhalb Jahren, von denen ich im Gefängnis war, war es bei mir ein Jahr in Isolationshaft", schilderte er seine Zeit als Gefangener. Er habe in einer kleinen Zelle, zwei mal drei Meter, leben müssen - "ich konnte mit niemandem reden, nirgendwo hingehen, nichts tun und durfte meine Frau und meine Kinder nicht anrufen".
Bei seiner Ankunft in Deutschland habe er Bundeskanzler Olaf Scholz daher gebeten, auch die anderen Häftlinge nicht zu vergessen. "Wir dürfen nicht stillhalten, bis wir sie alle wieder in Freiheit haben", fügte er hinzu.
"Es fühlt sich komplett surreal an"
Angesprochen darauf, wie es ihm in wiedergewonnener Freiheit gehe, sagte er: "Es fühlt sich komplett surreal an - als wenn ich einen Film sehe. Vor zwei Wochen war ich noch sicher, dass ich in Putins Gefängnis in Sibirien sterbe; vor einer Woche war ich in diesem grässlichen KGB-Gefängnis Lefortowo in Moskau - und jetzt bin ich hier bei meiner Familie in Freiheit."
Das wäre nicht gelungen, wenn es nicht so viele Anstrengungen von "vielen guten Leuten, Organisationen, Regierungen der freien Welt" gegeben hätte, ergänzte Kara-Mursa. Dafür wolle er sich bei der Bundesregierung herzlich bedanken.
Kara-Mursa spricht von "Lebensrettungsoperation"
Kritikern des Gefangenenaustauschs, bei dem auch der "Tiergartenmörder" Wadim Krassikow freikam, entgegnete er, nicht an einen Gefangenenaustausch zu denken, sondern an eine "Lebensrettungsoperation". "Viele von uns hätten diese Zeit, diese Bedingungen in Putins Gulag nicht überlebt."
Kara-Mursa war bei dem großen Gefangenenaustausch zwischen Russland und westlichen Staaten Anfang August freigekommen. 25 weitere Personen wurden dabei freigelassen, unter anderem der US-Reporter Evan Gershkovich.