Reaktion auf Repressionen gegen Demonstranten "Der Iran steht am Scheideweg"
Die Spannungen zwischen dem Iran und dem Westen verschärfen sich. Bundeskanzlerin Merkel kritisierte die Einschränkung der Demonstrationsfreiheit im Iran. Die Führung in Teheran bestellte mehrere EU-Diplomaten ein. Sie wirft dem Westen eine Einmischung in innere Angelegenheiten vor.
Die wegen des Streits um das Atomprogramm angespannten Beziehungen des Westen zu Teheran verschärfen sich angesichts des harten Umgangs mit iranischen Regierungsgegnern weiter. Nachdem bekannt geworden ist, dass am Samstag bei Auseinandersezungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten mindestens zehn Menschen getötet wurden, wächst nach zunächst zurückhaltenden Reaktionen der Druck auf die Führung in Teheran.
Bundeskanzlerin Angela Merkel verlangte eine Neuauszählung der Stimmen bei der umstrittenen Präsidentenwahl. "Deutschland steht auf Seiten der Menschen im Iran, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausüben wollen". Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte: "Der Iran steht am Scheideweg. Entweder gelingt es jetzt, im Dialog aller politischen Kräfte die entstandene Situation wieder zu entschärfen, oder die Lage droht weiter zu eskalieren."
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bezeichnete das Verhalten der iranischen Führung gegenüber den Demonstranten als "unentschuldbar". Es sei äußerst beunruhigend, was derzeit im Iran passiere, sagte Sarkozy in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Qatar News. Die iranische Führung verweigere den Menschen elementare demokratische Rechte. Das Volk habe ein Recht auf "Transparenz und die Wahrheit", sagte Sarkozy und forderte ein Ende der Gewalt gegen friedliche Demonstranten. US-Präsident Barack Obama rief Teheran auf, "alle gewalttätigen und unberechtigten Handlungen gegen die Menschen im eigenen Land zu stoppen".
Ahmadinedschad kritisiert Obama
Die Führung des Iran ihrerseits wirft dem Westen eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten vor. Mehrere Diplomaten aus den Ländern der Europäischen Union wurden einbestellt. Bei dem Termin in Teheran war es den Diplomaten nicht gestattet, ihre Ansichten über die Situation im Iran zu äußern.
Zuvor hatte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad die USA und Großbritannien kritisiert. Mit ihren "voreiligen Äußerungen" zur iranischen Präsidentenwahl würden beide Länder "nicht in den Kreis der Freunde der Islamischen Republik" gelangen, sagte Ahmadinedschad bei einem Treffen mit Geistlichen und Gelehrten laut einer Meldung der Nachrichtenagentur ISNA.
"Diplomatische Beziehungen überprüfen"
Auch Parlamentspräsident Ali Laridschani kritisierte die Äußerungen der westlichen Staaten heftig. Die Kommentare der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands zur iranischen Präsidentenwahl seien eine "Schande", sagte er laut einem Bericht des staatlichen Rundfunks. Er habe daher den Ausschuss für Außen- und Sicherheitspolitik aufgefordert, die Beziehungen zu den drei EU-Ländern zu überprüfen.
Falls sich die westlichen Staats- und Regierungschefs weiter in die inneren Angelegenheiten des Iran einmischten, müsse der Iran "auf anderen Gebieten antworten", zitiert die Nachrichtenagentur ISNA Laridschani. "Wir Iraner wissen sehr gut, wie wir unsere Differenzen zu lösen haben", so der Parlamentspräsident. An die Adresse von US-Präsident Barack Obama sagte er, es gebe "keinen Bedarf für Ihre opportunistischen und imperialistischen Gesten".