EU-Innenminister beraten über Anti-Terror-Strategie EU will Online-Tipps für Bombenbauer verhindern
In Lissabon beraten heute die EU-Innen- und Justizminister über neue Instrumente im Kampf gegen den Terrorismus. Dabei dürfte es auch um die Planung von Anschlägen im Internet gehen. EU-Innenkommissar Frattini will Terroristen die Online-Kommunikation erschweren.
Von Michael Becker, ARD-Hörfunkstudio Brüssel, derzeit Lissabon
Wolfgang Schäuble kommt aus Schanghai nach Lissabon: Der Innenminister ist auch Sportminister, und als solcher hat er gestern die deutsche Frauen-Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in China siegen sehen. Mag sein, dass er seinen EU-Kollegen bei ihren Gesprächen in Lissabon auch davon erzählen wird - mit Sicherheit aber wird er ihnen detailliert über die jüngste Terrorgefahr in Deutschland berichten.
Vor knapp zwei Wochen hatte Schäuble in Brüssel bereits erste Einzelheiten geschildert, nachdem nur wenige Tage zuvor spektakuläre Festnahmen in Deutschland gelungen und damit möglicherweise verheerende Terroranschläge verhindert worden waren. Anschläge, wie es sie bereits in Madrid und London gab. "Es ist völlig klar: Wir sind alle bedroht", hatte Schäuble in Brüssel gesagt und dafür geworben, die Bedrohung durch mehr Zusammenarbeit besser zu bewältigen.
Neues Anti-Terror-Paket des EU-Kommissars
Solche Worte sind Wasser auf die Mühlen von EU-Innen- und Justizkommissar Franco Frattini, der seit Monaten an einem neuen Anti-Terror-Paket arbeitet, das er den Innenministern der EU-Länder heute in Lissabon erläutern will. Es sieht ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor, die Terroranschläge in Europa verhindern helfen und die Zusammenarbeit der EU-Länder bei der Terrorismus-Bekämpfung verbessern sollen.
Dabei hat Frattini unter anderem das Internet ins Visier genommen. "Sie können genaueste Informationen und Anleitungen für alle möglichen Terroranschläge im Internet finden, zum Beispiel wie man Spengsätze baut", erklärte er. Derartige Internet-Seiten will er suchen und schließen lassen.
Allerdings gehe es nicht darum, "jeden zu verfolgen, der das Wort Bombe im Internet 'googlet'", so Frattini. Derartige Berichte seien unzutreffend.
Datenbank für Flugreisende
Aber mit der Internetüberwachung ist es nicht getan: Frattini will außerdem die Daten von Fluggästen erfassen - so wie die USA das bereits tun. Wer in die USA mit Flugzeug einreisen will, muss damit leben, dass genaue Angaben zur Person an die US-Behörden weiter gegeben werden, von der Adresse, über die Telefon- und Kreditkartennummer, bis hin zu Essgewohnheiten. Diese Angaben werden dann ausgewertet, um Terror-Verdächtige vor der Einreise herauszufiltern.
Etwas ähnliches schwebt dem EU-Innenkommissar auch für Flüge in die EU und innerhalb der EU vor. "Die EU ist mindestens genau so vom Terror bedroht wie die USA", rechtfertigt er das Projekt. Darüber hinaus will Frattini eine EU-weite Datenbank vorschlagen, in der die Polizeibehörden eintragen sollen, wenn irgendwo in Europa Sprengstoff gestohlen wird. Auch das soll helfen, Terroristen auf die Spur zu kommen und Anschläge besser zu verhindern.
Suche nach Unterstützung
Anfang November will Frattini sein neues Anti-Terror-Paket fertig geschnürt haben. Heute in Lissabon geht es vor allem darum zu sehen, wie viel Unterstützung es dafür bei den Innenministern der EU-Länder gibt. Denn wenn Frattini die Pläne verwirklichen will, braucht er die Zustimmung aller 27 EU-Länder.