Hollywood-Schriftzug (Archivbild)

Corona und die Filmbranche Traumfabrik im Pandemie-Modus

Stand: 26.12.2020 04:18 Uhr

Die Unterhaltungsindustrie gehört zu den großen Verlierern der Corona-Krise. Auch in Hollywood hat die Pandemie vieles auf den Kopf gestellt. Eine Bilanz des Filmjahres 2020.

Beim Film zu arbeiten, das klang bisher vielleicht abenteuerlich, glamourös - aber essenziell? "Wir sind jetzt essenzielle Arbeitskräfte", sagt Alma Diffie. "Und das heißt, die meisten in Hollywood arbeiten jetzt."

Diffie ist Make-Up Artist - und eine von tausenden Arbeitskräften, die in Kalifornien seit November als wichtige, essenzielle Arbeitskräfte eingestuft wurden. Der neue Status macht es für Produktionen einfacher, Drehs zu organisieren. Denn eigentlich sollen größere Menschenansammlungen, vor allem in Los Angeles, unterbunden werden.

Maskenbildnerin Alma Diffie

Die Maskenbildnerin Alma Duffie bei der Arbeit. Für Beschäftigte der Filmindustrie gelten erleichterte Corona-Regeln.

Seit Spätsommer wird in der Traumfabrik wieder gearbeitet - unter strengsten Auflagen. Es gilt Maskenpflicht, regelmäßig wird getestet, ganze Labore wurden auf den Parkplätzen der Hollywood-Studios aufgebaut, um den Betrieb wieder zum Laufen zu bringen.

Tom Cruise verliert die Fassung

Wie angespannt die Situation ist, wird klar, wenn man hört, wie Hollywoodstar Tom Cruise einen Mitarbeiter am Filmset zur Fortsetzung von "Mission Impossible" anschreit, der gegen die Corona-Protokolle verstoßen haben soll.

Die britische Zeitung "The Sun" veröffentlichte die Tonaufnahme des Ausrasters. Tom Cruise klagt an, dass an den Filmprojekten Menschen hingen, die Häuser abbezahlen müssten. Und er müsse sich vor Produzenten und Versicherungen rechtfertigen.

Tom Cruise bei Dreharbeiten für "Mission Impossible 7" in Rom

Mit Funkgerät und Maske: Tom Cruise bei Dreharbeiten für "Mission Impossible 7" im November in Rom

Milliarden-Verluste

Mit mindestens 20 Milliarden US-Dollar Verlust rechnet man in der US-Filmwelt durch die Corona-Krise. Nicht zuletzt auch, weil viele Kinoblockbuster 2020 nie das Licht der Leinwand erblicken konnten.

Einer der ersten großen Filme, die vom Coronavirus sozusagen befallen wurde, war der neue James-Bond-Film "Keine Zeit zu sterben". Zuerst war das Studio Universal optimistisch, dass der Start von Frühling auf Herbst 2020 verschoben werden könnte. Mittlerweile lautet der neue Starttermin April 2021.  

Das Filmplakat des neuen James-Bond-Films vor einem geschlossenen Kino

Das Filmplakat des neuen James-Bond-Films vor einem geschlossenen Kino. Der Start ist auf das kommende Frühjahr verschoben worden.

Bedrohung für die Kinos

Zu den großen Verlierern des Kinojahres 2020 gehören die Kinos selbst. Sie mussten vielerorts dicht machen, in der Filmstadt Los Angeles sind sie seit März durchgehend geschlossen - und das bei hohen Kosten, wie der Filmjournalist John Horn vom Radionetzwerk NPR sagt.

 "Sie haben Mieten, sehr hohe Fixkosten, Milliarden an Schulden, und kein Geld, das reinkommt", sagt Horn. "Wie zahlt man das? Ich denke, es wird eine massive Zahl an Schließungen geben." 

Gefahr der Massenpleiten

AMC, die weltweit größte Kinokette, hat bereits gemeldet, dass sie vor der Insolvenz stehe. Die Vereinigung der Kinobetreiber in den USA warnte, dass 70 Prozent der kleinen bis mittelgroßen Betreiber ohne Hilfe des Staates Bankrott gehen könnten.

Und dann kam eine Meldung, die die Branche in ihren Grundfesten erschüttert hat: Das Studio Warner Bros. will 2021 mindestens 17 Filme gleichzeitig im Kino sowie auf ihrer eigenen Streaming-Plattform HBO Max herausbringen. Darunter Blockbuster wie der Science-Fiction Film "Dune" oder die Comic-Adaption "Suicide Squad".

Jahrzehntealte Regel gilt nicht mehr

Normalerweise gilt, dass Kinos mindestens einige Wochen lang exklusiv das Recht haben, Filme zu zeigen, bevor die Studios sie auf andere Plattformen verkaufen. Eine jahrzehntealte Regelung - die plötzlich aufgehoben wird. Dies sei in der Branche ein Erdbeben der Stärke acht, meint Filmjournalist Horn.

Noch vor einem Jahr hätten sich die Kinos gegen so einen Schritt gesperrt und Filme von Warner Bros. boykottiert, doch ihre Rolle ist geschwächt - und sie seien daran selbst Schuld, meint John Horn.

Die Kinos hätten "sich nur schwer an Veränderungen anpassen können. Sie waren spät dabei, digitale Projektoren anzuschaffen, 3D anzubieten. Sie waren immer einen Schritt zurück", so der Hollywood-Experte. Die Branche habe "beschlossen, dass Streaming der Feind und keine Partnerschaft möglich ist".

Viele starke Filme für das Frühjahr?

Das Filmjahr 2021 wird anders aussehen. Weil viele Filme verschoben wurden, könnten Kinofans möglicherweise ab Frühjahr oder Mitte 2021 dafür mit einer reichen Auswahl rechnen. Beispielsweise der Marvel-Film "Black Widow" mit Scarlett Johansson, eine Fortsetzung von "Top Gun" mit Tom Cruise. 

Dieses Jahr hat Hollywood verändert - und viele Entwicklungen werden sich nicht zurückdrehen lassen. Doch noch ist nicht klar, wann die Normalität wieder einkehren wird, wann ohne Maske, Handschuhe und Schutzbrille gearbeitet wird, meint Maskenbildnerin Alma Diffie. In jedem Falle heißt es: Corona und Hollywood - Fortsetzung folgt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Kultur am 06. Oktober 2020 um 07:53 Uhr.