Britische Verteidigungspolitik Zu teuer, zu ambitioniert?
Huthi, Iran, Russland: Angesichts zahlreicher Krisen gibt Großbritannien immer mehr Geld für Verteidigung aus. Doch offenbar reicht es noch lange nicht - vor allem, wenn die Briten ihre führende Rolle weltweit behalten wollen.
Der britische Premier Rishi Sunak rechtfertigte gestern im Unterhaus die Militärschläge britischer und US-amerikanischer Kräfte gegen Stellungen der Huthi. 25 Angriffe auf zivile Schiffe hätten die Huthi in den vergangenen Wochen begangen, in der vergangenen Woche dann sogar ein Angriff auf britische und US-amerikanische Schiffe.
Sunak sprach von "Selbstverteidigung" und unterstrich die Bedeutung des freien Warenverkehrs für die Weltwirtschaft. Die britische Regierung drohte weitere Luftschläge an, wenn die Angriffe auf Schiffe im Roten Meer nicht aufhörten.
60.000 ukrainische Soldaten ausgebildet
Es gehört zum Selbstverständnis der britischen Politik, international Verantwortung zu übernehmen. Am Freitag war Sunak mal wieder in die Ukraine gereist, um ein Zeichen für die Unterstützung des Landes im Krieg gegen Russland zu setzen. Wie das britische Verteidigungsministerium bekannt gab, haben die Briten seit Beginn des Krieges 60.000 ukrainische Soldaten ausgebildet. Doch diese internationale Präsenz kostet viel Geld - und die nötigen Mittel aufzubringen, wird zunehmend schwieriger.
Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps hielt eine Grundsatzrede, in der er einen Wendepunkt für die britische Verteidigungspolitik definierte. Die Zeit des Kalten Krieges sei vorbei, die Berliner Mauer sei eine ferne Erinnerung. Die Welt bewege sich weg von einer Nachkriegsordnung hin zu einer Zeit, in der Kriege wieder möglich sind. Shapps erwähnte Nordkorea, das iranische Atomprogramm, China und die zunehmenden Spannungen rund um Taiwan.
Und er argumentierte für einen höheren Verteidigungshaushalt: "Die Regierung hat erstmals mehr als 50 Milliarden Pfund für Verteidigung ausgegeben. 2024 wollen wir die Ausgaben weiter anheben auf 2,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung."
Erneuerung des Atomraketenarsenals angemahnt
50 Milliarden Pfund, das sind rund 58 Milliarden Euro - um die 2,5 Prozent zu erreichen, müsste nochmal deutlich mehr ausgegeben werden. Im Rahmen der NATO ist vereinbart, dass die Mitgliedsländer über zwei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung in die Verteidigung investieren sollen.
Die Ankündigungen der britischen Regierung klingen also nach enorm viel Geld, aber offenbar reicht das immer noch nicht. Ein ehemaliger hoher Regierungsberater kritisierte, dass das britische Atomraketenarsenal verrotte und die Erneuerung dringend angegangen werden müsse. Die Kosten: enorm, offizielle Zahlen dazu gibt es nicht.
Und trotz der hohen Ausgaben ist klar: Die Handlungsfähigkeit der britischen Armee ist begrenzt. Die beiden Flugzeugträger sind relativ neu, doch die Briten mussten die Einsätze am Roten Meer von einem Luftwaffenstützpunkt auf Zypern aus fliegen. Lediglich ein US-Flugzeugträgerverband war im Einsatzgebiet.
Blick auf die US-Wahl
Im Dezember veröffentlichte eine Aufsichtsbehörde einen Bericht zur Ausrüstung der britischen Armee. Um die Waffensysteme in den kommenden zehn Jahren zu erhalten, dürften demnach etwa 25 Milliarden Euro fehlen. Um den Verfall aufzuhalten, bräuchte es also einen noch größeren Verteidigungshaushalt. Angesichts zunehmender Spannung weltweit wird das Problem also drängender. Shapps mahnte alle NATO-Mitgliedsländer, das Zwei-Prozent-Ziel einzuhalten.
Die Debatte um die Verteidigungshaushalte dürfte auch wieder bedeutender werden, wenn Donald Trump in den USA die Wahlen gewinnt. Er machte wiederholt deutlich, dass die USA dann die außen- und verteidigungspolitische Führungsrolle nicht mehr erfüllen würden.