Frage vom 19. April 2011 Würde am AKW Fukushima ein Sarkophag helfen?
Ein Sarkophag ist "Schönsprech" - der Begriff verspricht ewige Ruhe. Die Wahrheit aber ist: Der Kernbrennstoff bleibt in der AKW-Ruine darunter liegen. Ein Atomunfall ist eine gefährliche Dauerlast, auch wenn wir jahrelang nicht dran denken.
Ein Sarkophag ist "Schönsprech": klingt nach verziertem Steinsarg und ewiger Ruhe. Die Wahrheit – zumindest in Tschernobyl – ist: ein Teil der 190 Tonnen Kernbrennstoff dürften noch in der Ruine liegen. Zum großen Teil zwar zu einer Art Lava geschmolzen und nun erstarrt. Aber manches ist auch in Wasser gelöst oder liegt als Staub in den zerstörten Gebäuden. Zudem besteht die theoretische Gefahr, dass in der Masse aus spaltbarem Material wieder eine Kettenreaktion beginnt.
Die Situation ist bis heute nicht wirklich klar und nach wie vor sind viele Teile nicht begehbar. Der Sarkophag dort wurde unter schwierigsten Bedingungen und großer Gefahr für die Arbeiter zusammengezimmert. Wegen der hohen Strahlung ging Geschwindigkeit vor Sorgfalt.
Auf die alten Fundamente wurden Wände und Platten aufgesetzt. Zum großen Teil ferngesteuert und mehr schlecht als recht abgedichtet. Das ist keine Lösung für die Ewigkeit. Diese Hülle war von Anfang an nur als Übergang gedacht und für höchstens 20 Jahre ausgelegt. Nun wird sie aber wohl 30 Jahre halten müssen. Die Gefahr: bricht sie zusammen, dann wird viel von dem radioaktiven Staub in den Kraftwerksruinen erneut aufgewirbelt und verteilt. Greenpeace rechnet mit 50 Kg radioaktiven Stoffen.
Keine endgültige Lösung in Sicht
Alle Versuche, die Konstruktion zu stabilisieren waren Flickwerk und nicht erfolgreich. Ein neuer, zusätzlicher Sarkophag oben drüber soll seit Jahren gebaut werden. Bei einer so genannten Geberkonferenz hat die internationale Staatengemeinschaft gerade erneut mehr als eine halbe Milliarde Euro an Hilfen für die Ukraine zugesagt.
Geplant ist eine Konstruktion aus Stahl. 20.000 Tonnen schwer, 250 Meter breit gespannt und 125 Meter hoch soll ein Tunnelbogen sein, der – wegen der Strahlung – ein Stück entfernt von der Ruine gebaut und dann auf Schienen über die Trümmer gefahren werden soll. Geschätzte Kosten: 1,5-2 Milliarden Euro. Das soll dann für 50-100 Jahre halten. Es ist also längst noch keine endgültige Lösung. Niemand wagt sich bislang daran, die strahlenden Reste zu bergen und zu „entsorgen“ – wohin auch?
Fazit: Ein Atomunfall ist eine gefährliche und teure Dauerlast, auch wenn wir jahrelang nicht dran denken, das Problem bleibt.
Auch in Fukushima wird über eine Abdeckung nachgedacht
Längst wird auch in Fukushima über eine solche Abdeckung nachgedacht. Die aktuellen Planungen sehen erst mal vor, eine Folie über das gesamte Areal zu ziehen. Die soll ebenfalls Staub aufhalten. Darunter würden die Kühlarbeiten weiter gehen. Es ist ausgesprochen fraglich, ob die so erfolgreich sein werden, dass man in absehbarer Zeit an die Brennelemente ran kann. Eher unwahrscheinlich. Die Strahlenwerte sind – wie wir jetzt scheibchenweise erfahren – doch sehr hoch. In den Reaktorgebäuden haben ferngesteuerte Roboter um 50 Millisievert je Stunde gemessen. Das Wasser in den Kanälen darunter strahlt sogar mit 1 Sievert/Stunde.
Wir erinnern uns: in Fukushima lagert sehr viel mehr atomarer Brennstoff als in Tschernobyl. Und wahrscheinlich sind die Brennstäbe auch mindestens zum Teil geschmolzen und nicht mehr einfach zu entnehmen. Große Mengen stark strahlenden Wassers machen klar: es gibt Lecks und Undichtigkeiten. Die Abklingbecken sind ohnehin nicht stark gesichert. Strahlende Materialien sind überall auf dem Gelände.
Wie soll es weitergehen?
Früher oder später stellt sich auch hier die Frage wie es weiter gehen soll. Der Betreiber Tepco selbst sprach schon von „zuschütten“ – also einer Deckschicht aus Erde und vielleicht Beton obendrüber. Wolfgang Renneberg vom Büro für Atomsicherheit hält es für möglich, dass kleinere Hüllen über den Reaktorblöcken ausreichen. Denn im Gegensatz zu Tschernobyl dürfte das meiste Material noch in den Containments sein. Wann der richtige Zeitpunkt dafür ist, bleibt unklar. Bei der teilweisen Kernschmelze im amerikanischen Three-Mile-Island-Kraftwerk hat es 5 Jahre gedauert, bis man in den Reaktor überhaupt nur hineinschauen konnte.