Streit über Afrika-Flüchtlinge Italien enttäuscht von EU
Italien befürchtet eine Massenflucht aus Nordafrika und bat um gemeinsames Handeln in der EU. Doch Deutschland und andere nördliche EU-Staaten lehnten eine Lastenteilung ab. Es sei momentan sehr unsicher, ob dieses Szenario eintrete, hieß es nach einem Treffen der EU-Innenminister.
Die EU ist tief zerstritten über den Umgang mit Flüchtlingen im Mittelmeerraum. Italiens Innenminister Roberto Maroni kritisierte nach Beratungen der EU-Innenminister in Brüssel die Haltung Deutschlands und anderer Länder, die eine Aufteilung von Flüchtlingen unter den 27 EU-Staaten ablehnen.
Maroni: "Für diese Länder steht Europa an zweiter Stelle"
Er sei "überrascht", dass einige EU-Staaten das Prinzip der Solidarität und der Lastenverteilung ablehnten, sagte Maroni nach dem Treffen. "Für diese Länder steht Europa an zweiter Stelle." Italien befürchtet bei einem Zusammenbruch der Staatsordnung in Libyen und einer Eskalation der Gewalt in dem nordafrikanischen Land einen Flüchtlingsansturm, der Italien nach den Worten Maronis "in die Knie" zwingen könnte.
Der von mehreren südeuropäischen Ländern unterstützte Maroni nannte die von ihm kritisierten Mitgliedsstaaten nicht ausdrücklich beim Namen. Die Kritik zielte jedoch offenbar auf Deutschland, Österreich und andere EU-Länder, die Hilfen für Italien ablehnen.
De Maizière: Italien ist nicht überfordert
Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte: "Italien ist gefordert, aber bei weitem lange noch nicht überfordert." Bisher gebe es keine großen Flüchtlingsströme. Auf der italienischen Insel Lampedusa seien etwa 6000 Flüchtlinge angekommen, die großteils aus Tunesien stammten, so de Maizière.
Im vergangenen Jahr habe Deutschland rund 40.000 Asylbewerber aufgenommen, Schweden 30.000, Belgien 20.000, Italien jedoch nur 7000, hob der deutsche Minister hervor. Seine österreichische Amtskollegin Maria Fekter sagte, den derzeitigen Zugang von rund 5000 Flüchtlingen auf Lampedusa könne das große Italien alleine bewältigen.
Malmström: "Nicht planen für eine Situation, die es noch nicht gibt"
Auch EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström sagte, es habe keinen Sinn, über mögliche Flüchtlingswellen zu spekulieren. Im Moment sei sehr unsicher, ob sich dieses Szenario bewahrheite, so Malmström nach dem Treffen in Brüssel. "Wir sollten nicht für eine Situation planen, die es noch nicht gibt", sagte sie. Auch der ungarische EU-Ratsvorsitzende Sandor Pinter mahnte zur Ruhe: "Wir sollten den Teufel nicht an die Wand malen."