Treffen der EU-Innenminister Gemeinsame Flüchtlingspolitik? Fehlanzeige!

Stand: 07.07.2016 13:29 Uhr

Die EU ist weiter auf der Suche nach einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik: Die beschlossene Umsiedlung von Flüchtlingen verläuft schleppend, Ungarn und die Slowakei stellen sich weiter quer. Die Zerrissenheit zeigt sich auch beim Innenminister-Treffen in Bratislava.

Blauer Himmel über Bratislava. Die Sonne scheint. Die Stimmung bei den Innenministern könnte sich allerdings eintrüben, wenn es um die umstrittene Flüchtlingsverteilung geht. Insgesamt 160.000 Flüchtlinge sollen aus Griechenland und Italien in andere EU-Staaten gebracht werden, um diese beiden Länder zu entlasten. Bislang wurden allerdings nur gut 2.800 von ihnen umverteilt.

Dennoch setzt Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf europäische Lösungen in der Flüchtlingskrise. Auch, wenn es schwierig sei, eine Mehrheit für ein faires Verteilungssytem zusammen zu bekommen, sagt der CDU-Politiker. "Wenn es nicht zu einer Verteilung insgesamt kommt, dann wäre ich dafür, dass wir diesen Überlauf-Mechanismus verabreden, das heißt, wenn ein Land überfordert wird mit der Zahl der Flüchtlinge, dass jedenfalls dann europäisch verteilt wird."

Slowakei und Ungarn sind gegen die Flüchtlingsverteilung

Gerade die Slowakei hat sich lange dagegen gesträubt, überhaupt Flüchtlinge aufzunehmen. Sie will keine Muslime ins Land lassen. Und klagt wie auch Ungarn gegen die mehrheitlich beschlossene Flüchtlingsverteilung vor dem Europäischen Gerichtshof. Nun hat die Slowakei für ein halbes Jahr den Hut auf in der EU. Was wird überwiegen - slowakische oder europäische Interessen? "Wenn man die Präsidentschaft hat, sind die nationalen Gefühle zu unterdrücken", meint der luxemburgische Migrationsminister Jean Asselborn. Man sei dann europäisch eingestellt. Er nehme an, dass die Slowakei das auch machen werde.


Asselborn kritisiert das geplante ungarische Referendum über die Flüchtlingsverteilung und erinnert in diesem Zusammenhang an den Volksaufstand in Ungarn. "1956 und danach kamen Hunderttausende Ungarn nach Westeuropa. Sie sind geflüchtet vor der Diktatur und den Sowjets. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen in Ungarn nicht daran denken."

Asselborn hofft auf europäische Lösung

Asselborn warnte davor, das Instrument der Volksabstimmung zu überdehnen. Wenn jedes Land in Europa dasselbe machen würde, dann könne man den Laden zumachen, was die Werte angehe. Die Hoffnung, dass Flüchtlinge künftig gerechter in der EU verteilt werden, hat Asselborn offenbar noch nicht aufgegeben. Auch wenn all das sehr lange dauert. "Manchmal kriecht Europa. Aber ich bin überzeugt, dass am Ende des Tages, wenn wir Europa erhalten wollen, dass wir uns da in die Augen schauen müssen, und das tun, was wir zu tun haben."

Die Türkei dichtet die EU-Außengrenze nach Griechenland ab, die Westbalkanroute ist versperrt. Das Mittelmeer zwischen Libyen und Italien ist zur wichtigsten Fluchtroute geworden. Gebraucht werde daher dringend ein gemeinsames europäisches Asylrecht, fordert der österreichische Innenminister Wolfgang Sobotka: "Derzeit entscheiden nicht wir, wer nach Europa kommt, sondern die Schlepper. Es entscheidet, wer mehr Geld hat. Und das kann kein Weg sein."

Karin Bensch, K. Bensch, ARD Brüssel, zzt. Bratislava, 07.07.2016 12:46 Uhr

De Maizière setzt auf Flüchtlingsabkommen mit Nordafrika

Vereinbarungen wie mit der Türkei müssen auch mit nordafrikanischen Ländern getroffen werden, sagte Bundesinnenminister de Maizière. "Die Methode Türkei, also illegale Wege durch legale Wege ersetzen, müssten auch im Verhältnis zu Libyen gefunden werden, auch, wenn das dort komplizierter sei", sagt der CDU-Politiker.

De Maizière erneute seine Forderung nach Registrierzentren in Nordafrika - in Zusammenarbeit mit der EU und dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. Dort könne bereits geprüft werden, ob ein Flüchtling ein Recht auf Asyl in der Europäischen Union habe oder nicht, so de Maizière. "Damit von dort ein Resettlement für die Schutzbedürftigen nach Europa stattfindet. Und die anderen zurückgeführt werden in ihre Heimat. Ja, das ist ein wichtiger Weg."

Den einen richtigen Weg in der Flüchtlingspolitik, den müssen auch die 28 EU-Länder finden. Und das könnte schwierig und steinig werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 07. Juli 2016 um 13:01 Uhr