Regierungskrise in Tschechien Topolanek tritt zurück - und bleibt vorerst
Rücktritt ohne echte Konsequenzen? Tschechiens Premier Topolanek hat aus dem Misstrauensvotum die Konsequenzen gezogen und ist zurückgetreten. Das ändert zunächst wenig, er bleibt vorerst geschäftsführend im Amt - vielleicht sogar bis zum Ende der EU-Ratspräsidentschaft im Juni.
Der tschechische Ministerpräsident Mirek Topolanek hat zwei Tage nach seiner Niederlage bei einem Misstrauensvotum seinen Rücktritt eingereicht. Er führt allerdings bis zur Bildung einer neuen Regierung die Amtsgeschäfte weiter.
Die tschechische Verfassung setzt Präsident Vaclav Klaus keine Frist, um den Auftrag zur Regierungsbildung neu zu vergeben. Klaus ist wie Topolanek Mitglied der liberal-konservativen Demokratischen Bürgerpartei. Beobachter in Prag rechneten bisher damit, dass die Regierung übergangsweise im Amt bleiben wird, bis die tschechische EU-Ratspräsidentschaft Ende Juni abgelaufen ist.
Klaus für schnelle Lösung
Der tschechische Präsident Vaclav Klaus sagte aber, er strebe eine schnelle Lösung an: Wenn Topolanek oder ein anderer sich die absoluten Mehrheit im Parlament sichere bringt, werde er ihm die Gelegenheit geben, eine Regierung zu bilden. Er werde aber keine Provisorien dulden, in Zeiten der Wirtschaftskrise und tschechischer EU- Ratspräsidentschaft dränge die Zeit.
Der scheidende Ministerpräsident hatte gestern angedeutet, dass Klaus beim Sturz seiner Regierung "ohne Zweifel" eine Rolle gespielt haben könnte. Bei einem Misstrauensvotum am Dienstag war Topolanek knapp gescheitert. Er hatte zuletzt eine EU-freundliche Linie gefahren. Klaus ist dagegen ein erbitterter Gegner der EU.
Sorge um Lissabon-Vertrag
Sorge bereitet der EU vor allem, dass Klaus nun einen eher europafeindlichen Regierungschef ernennen könnte, der den Lissabon-Reformvertrag nicht unterstützt. Der tschechische Senat, in dem überwiegend EU-Kritiker sitzen, hatte gestern seine Beratungen über das gesamteuropäische Vertragswerk erneut verschoben. Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg versicherte allerdings, sein Land werde den Vorsitz planmäßig fortführen.
Tschechien und Irland haben den Lissabon-Vertrag noch nicht gebilligt. Daneben hat er auch in Deutschland und Polen noch nicht alle Hürden genommen.