
Kult-Veranstaltung in Breslau Mit Jimi Hendrix zum neuen Weltrekord
Wenn mehr als 8.000 Gitarristen gemeinsam Jimi Hendrix spielen, ist es musikalisch vielleicht kein Höhepunkt, aber ein neuer Weltrekord. Die Veranstaltung in Breslau fand zum 23. Mal statt und hat in Polen Kultstatus.
Es ist kurz vor dem großen Moment und auf dem Rynek, dem historischen Marktplatz von Breslau, liegt ein Knistern in der Luft - nicht nur wegen der vielen Verstärker. Tausende Gitarristinnen und Gitarristen stimmen ihre Instrumente. Sie haben ein Ziel: Gemeinsam Jimi Hendrix’ Welthit "Hey Joe" spielen. Aber nicht einfach so - sondern als Teil eines möglichen Weltrekords.
"Ich persönlich bin schon zum achten Mal dabei", erzählt Piotr, ein Lehrer, der mit zwanzig seiner Schülerinnen und Schüler angereist ist. "Ich bin hierher gekommen, um eine gute Zeit zu haben, coole Leute zu treffen und tolle Musik zu hören."
Liveübertragung im Fernsehen
Die Veranstaltung hat längst Kultstatus. Das polnische Fernsehen überträgt live, ebenso der rbb. Zum 23. Mal ruft der polnische Musiker und Gitarrenlehrer Leszek Cichoński die Gitarrenwelt zusammen. Was 2003 mit gerade einmal 558 Musikbegeisterten begann, ist heute ein internationales Rock’n’Roll-Fest - mit Breslau als Epizentrum.
Cichoński erinnert sich an die Anfänge: "Es war vor 27 Jahren bei einem Blues-Workshop, den ich geleitet habe. Ich habe alle 16 Teilnehmer eingeladen, gemeinsam zu spielen, ohne Probe." Schon damals spielten sie "Hey Joe". "Es floss mit solcher Kraft, dass ich dachte: Wenn 16 Leute das können - warum dann nicht viel mehr?"
Der Marktplatz ist voll. Menschen mit Akustik-, E- und Bassgitarren, sogar mit Mandolinen. Sie kommen aus ganz Europa - vom Teenager im Bandshirt bis zur Rentnerin mit Blumenkranz. "Ich bin gekommen, weil man sich hier als Mensch zusammengehörig fühlt", sagt Karin, die aus Berlin angereist ist. "Musik ist einfach etwas Tolles, finde ich. Eine großartige Erfindung der Menschen - Tiere haben das nicht."
Neuer Rekord geknackt
Dann ist der Moment gekommen. Der weltbekannte Song dröhnt über den Platz. Einige Profis spielen auf der Bühne, Tausende stehen dicht an dicht davor: Schulter an Schulter, Instrument in der Hand. Ein Klangkörper, wie man ihn selten erlebt.
Dann steigt die Spannung. Hat es gereicht? Sind genug Menschen zusammengekommen? Der Marktplatz bebt, als die Zahl verkündet wird. 8.122 Gitarristinnen und Gitarristen haben mitgespielt. Fast 150 mehr als beim letzten Mal - ein neuer Weltrekord.
"Das hier ist Rock'n'Roll, yeah!"
Cichoński zeigt sich sichtlich bewegt: "Man muss solche Veranstaltungen machen. Die Welt ist so gespalten wie nie zuvor - sogar in den Familien. Und hier, in Breslau, am 1. Mai, fühlen sich alle verbunden, musizieren gemeinsam, haben Spaß." Das sei der wahre Wert dieser Veranstaltung: "Dass die Teilnehmer gleichzeitig auch Künstler sind."
Vielleicht traf nicht jeder Ton auf dem Bresauer Marktplatz ins Schwarze, aber darum ging es auch nicht. Und auch der düstere Text von "Hey Joe", der ursprünglich von einem Femizid handelt, war kein Problem: Er wurde für diesen Anlass umgedichtet. Im Mittelpunkt stand etwas anderes: gemeinsam laut sein, für die Musik und für den Spaß. Eko, ein Tourist aus Indonesien, bringt es auf den Punkt: "Das hier ist Rock'n'Roll, yeah!"