Finnland Deutlich weniger Touristenvisa für Russen
Russische Touristen sollen es künftig schwerer haben, nach Finnland und damit in die EU zu reisen. Die Regierung in Helsinki will deutlich weniger Visa ausstellen. In der EU ist auch ein vollständiger Reisebann noch nicht vom Tisch.
Finnland will künftig deutlich weniger russische Touristinnen und Touristen ins Land lassen. Von September an sollen nur noch zehn Prozent der heutigen Zahl an Touristenvisa ausgestellt werden, erklärte die finnische Regierung. Derzeit seien dies jeden Tag rund 1000 Visa für Russinnen und Russen, berichtete der finnische Sender YLE.
Grund für die neue Linie sei die wachsende Unzufriedenheit im Land, dass man ukrainischen Geflüchteten helfe und gleichzeitig immer mehr Russen in Finnland Urlaub machten. In Umfragen hatte sich eine Mehrheit der Menschen wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine dafür ausgesprochen, keine Touristenvisa mehr an russische Reisende zu vergeben. Mit einem Touristenvisum können die Urlauber auch ungehindert in die restlichen Länder der EU reisen.
Visaeinschränkungen durch die Hintertür
Gar keine Visa mehr an russische Urlauber auszustellen wäre aber rechtlich nicht möglich, sagte Finnlands Außenminister Pekka Haavisto. Deshalb will das Land es mit einem Trick versuchen: Die Öffnungszeiten, zu denen Touristenvisa beantragt werden können, sollen verkürzt werden.
"Gleichzeitig wollen wir es leichter für Menschen machen, nach Finnland zu kommen, um zu arbeiten, zu studieren oder Verwandte zu besuchen", sagte Haavisto. "Es soll also Lösungen für diejenigen geben, die einen Grund haben, nach Finnland zu kommen, aber das gewöhnliche Touristenvisum soll schwieriger zu bekommen sein."
EU soll Thema beraten
Finnland erhofft sich Haavisto zufolge auch ein Ende des Abkommens über Visaerleichterungen zwischen der EU und Russland. Dies würde die Kosten für ein Touristenvisum von 35 auf 80 Euro erhöhen. Außerdem drängt Finnland auf eine einheitliche europäische Lösung und will das Thema auf dem EU-Gipfel Ende des Monats in Tschechien ansprechen. Prag will den restlichen EU-Staaten einen Reisebann für russische Bürger vorschlagen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich erst am Montag beim Staatsbesuch in Norwegen gegen einen Reisebann für Russinnen und Russen ausgesprochen. "Das ist Putins Krieg, nicht der Krieg der Russen", hatte er gesagt. Man dürfe es Oppositionellen nicht noch weiter erschweren, Russland zu verlassen.
Estland: Visaverbot "Achillesferse" Moskaus
Estlands Regierungschefin Kaja Kallas hatte vergangene Woche darauf hingewiesen, dass die EU Flüge von und nach Russland verboten habe - der einzige Weg für russische Reisende in die EU führe also über Finnland, Estland und Lettland. "Daher ist also nicht wirklich fair, dass alle anderen Schengen-Staaten diese Visa ausstellen, aber wir drei eigentlich die Last tragen", sagte Kallas.
Sie halte einen Visabann für sehr effektiv: "Man muss verstehen, dass nur zehn Prozent der russischen Bevölkerung ins Ausland reisen, und es sind genau diese Leute, die hauptsächlich aus Moskau und St. Petersburg kommen, deren Meinung zählt. Das zeigen auch die sehr schmerzhaften Reaktionen Russlands auf diesen Vorschlag", sagte Kallas mit Blick auf einen Tweet des früheren russischen Präsident Dmitri Medwedew, der sie wegen ihre Forderung nach einem Visaverbots angegriffen hatte. "Das zeigt, dass dies die Achillesferse ist. Das ist etwas, wovor sie wirklich Angst haben, also ist es effektiv."