Neue Regeln für Investitionen Wie die EU auf US-Subventionen reagieren will
Die USA haben mit ihrem Investitionsprogramm für Klimaschutz reichlich Unmut der EU auf sich gezogen. Jetzt hat Kommissionschefin von der Leyen skizziert, wie Brüssel darauf reagieren könnte: mit mehr Geld und weniger Vorschriften.
Im Konflikt um die Subventionspolitik der USA hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Kurswechsel der europäischen Investitionspolitik gefordert. Von der Leyen schlägt unter anderem vor, die EU-Vorschriften für öffentliche Investitionen zu lockern. Zudem müssten zusätzliche europäische Finanzmitteln zur Förderung sauberer Technologien bereitgestellt werden, sagte sie bei einer Rede an der Hochschule College of Europe in Brügge. Auch eine Kooperation mit den USA bei Industriestandards und beim Einkauf kritischer Rohstoffe nannte von der Leyen.
Wie viel zusätzliches Geld die EU bereitstellen sollte, sagte von der Leyen nicht. Konkret schlug sie allerdings vor, zunächst das bereits bestehende Programm REPowerEU weiter auszubauen. Dieses ermöglicht insbesondere Investitionen in Energieeffizienz, in erneuerbare Energie und in Infrastruktur der Energieunion. Mittelfristig sollte dann über den bereits im September von ihr vorgeschlagenen Souveränitätsfonds Geld für vorgelagerte Forschung, Innovationen und strategische Projekte bereitgestellt werden.
USA wollen 369 Milliarden Dollar investieren
Das in Europa kritisierte US-Gesetz "zur Verringerung der Inflation" sieht Investitionen im Umfang von rund 369 Milliarden Dollar vor. Damit soll ein neues industrielles Ökosystem in strategischen Sektoren für saubere Energie aufgebaut werden. Subventionen und Steuergutschriften gibt es dann, wenn Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. In der EU wird das als diskriminierend und unvereinbar mit Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) angesehen.
Von der Leyen kritisierte unter anderem "doppelte Vorteile" der US-Autohersteller: "Als Verbraucher in den Vereinigten Staaten erhalten Sie beim Kauf von Elektrofahrzeugen eine Steuerermäßigung, wenn die Fahrzeuge in Nordamerika hergestellt wurden", sagte von der Leyen. "Und wenn Sie ein Hersteller von Batterien für ebendiese Elektrofahrzeuge sind, erhalten Sie eine Steuerermäßigung, wenn Sie in den USA produzieren."
Zudem könne dies auch kritische Komponenten und Rohstoffe in die USA ziehen und von den transatlantischen Lieferketten abziehen. "Wir sehen bereits, wie sich dies auch auf Europas eigene Basis für saubere Technologien auswirken könnte, indem Investitionsströme umgeleitet werden", warnte von der Leyen. Bei diesem Wettbewerb müssten aber gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen.
"Clubs für kritische Rohstoffe"
Mit Blick auf die Zusammenarbeit mit den USA schlug von der Leyen unter anderem die Gründung eines "Clubs für kritische Rohstoffe" vor. Die Produktion und Verarbeitung von bestimmten kritischen Rohstoffe werde heute von China kontrolliert, sagte sie. Die Zusammenarbeit mit Partnern und Verbündeten in den Bereichen Beschaffung, Produktion und Verarbeitung könnte es ermöglichen, das Monopol zu überwinden.
Mit Spannung wird nun erwartet, wie die EU-Staaten auf die Vorschläge von der Leyens reagieren. Die Bundesregierung hatte zuletzt immer wieder betont, dass sie derzeit keine Notwendigkeit für neue gesamteuropäische Investitionsprogramme sieht. Zudem wurde von Mitgliedstaaten immer wieder argumentiert, dass Verstöße gegen WTO-Regeln nicht mit einer Aufweichung der eigenen Standards beantwortet werden sollten.
"Amerikas Entscheidung"
Der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange, hatte zuvor für ein härteres Vorgehen plädiert. Europa solle bei der WTO gegen das Vorgehen der Vereinigten Staaten klagen. Denn das, was man da tue, sei mit den internationalen Handelsregeln nicht vereinbar. Zugleich mahnt der SPD-Politiker allerdings zur Zurückhaltung den USA gegenüber: "Ich halte nichts davon, jetzt einen offensiven Handelskrieg mit den USA anzufangen, also die gleichen Maßnahmen zu ergreifen, wie sie die USA jetzt ergriffen haben", so Lange. "Wenn man im gemeinsamen Boot sitzt, dann macht es keinen Sinn, hier alleine das Ruder zu übernehmen."
Wirklich etwas in der Hand, um gegen den Anti-Inflation-Act vorzugehen, habe die EU ohnehin nicht, sagt der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Sven Giegold von den Grünen: "Es ist Amerikas Entscheidung, wie viel sie subventionieren. Von daher werden wir Amerika auch nicht sagen können, ihr sollt weniger subventionieren. Aber wir müssen uns natürlich ohne Naivität fragen: erstens, ist das noch echter Wettbewerb und zweitens: Was kann Europa selber tun?"
Am Montag wollen nun Vertreter der USA und der EU in Washington zusammenkommen. Dann soll über die massiven europäischen Bedenken gegen die US-Subventionen beraten werden.