Frau in Kiew vor einer Flagge, die die Freundschaft der Ukraine mit den USA symbolisieren soll.

Ukraine nach Wahl von Trump "Schlimmer kann es nicht werden"

Stand: 13.11.2024 20:21 Uhr

Die Menschen in der Ukraine sind müde vom Krieg und schauen gebannt nach Washington. Ihr Schicksal könnte in den Händen des designierten US-Präsidenten Trump liegen. Manche üben sich in vorsichtigem Optimismus.

Von Rebecca Barth, ARD Kiew

Aufräumarbeiten in Krywyj Rih, Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Wieder trifft eine russische Rakete ein Wohnhaus. Wieder wird dadurch fast eine ganze Familie ausgelöscht. Nur Vater Maksym überlebt diesen Angriff, verliert Ehefrau und drei Kinder. 13 Stunden lang hätten die Helfer nach ihnen gesucht, berichtet Viktoria dem ukrainischen Fernsehen. Die Anwohnerin legt gerade Blumen nieder in Gedenken an die Getöteten. 

"Man kann nicht gleichgültig sein", sagt sie. "Es bricht mir das Herz, ich habe auch vier Enkelkinder und bin sehr besorgt um sie." Sie habe nicht anders gekonnt, als zu kommen und Blumen zu bringen. "Es ist sehr beängstigend, und es ist nicht klar, wann es enden wird."


Ein Drittel zu territorialen Zugeständnissen bereit

Unklar ist nicht nur das Wann - sondern auch wie der Krieg gegen die Ukraine enden könnte. Erheblichen Einfluss darauf könnte der designierte US-Präsident Donald Trump haben.

Fast ein Drittel der ukrainischen Bevölkerung ist nach aktuellen Umfragen zu territorialen Zugeständnissen bereit. Aleksandra Kwitkowa in Kiew aber macht sich Sorgen. Sie fürchtet, Trump könnte die Ukraine zu Gebietsabtretungen zwingen:

Das wird nicht gut für uns ausgehen, denn wir werden unsere Gebiete verlieren, nachdem so viele Menschen gestorben sind. Wir verlieren die Krim, Donezk, Luhansk. Ich hoffe, dass sie uns wenigstens die Regionen Charkiw und Saporischschja lassen. Trump braucht diesen Krieg nicht und will ihn schnell beenden. Für uns wird das sehr traurig nach all den Verlusten von Menschen und Gebieten. Das wird nicht gut ausgehen."  
Aleksandra Kwitkowa

Viele Freunde unter den Republikanern

Land gegen Frieden - daran glauben viele Menschen in der Ukraine nicht. Und der russische Machthaber Wladimir Putin lässt seine Angriffe gegen die Ukraine mit unverminderter Härte fortsetzen. Mehr als 5.000 Drohnen und Raketen hat Russland seit August auf die Ukraine abgefeuert, gibt das ukrainische Militär an.

Während die Angriffe zunehmen, versuche die ukrainische Führung, Trump zu überzeugen, die Unterstützung für die Ukraine nicht einzustellen, erklärt Jehor Tschernew, Parlamentsabgeordneter der Präsidentenpartei Sluha Narodu, im ukrainischen Parlament: "Wir müssen und werden mit Trump arbeiten, und wir beginnen diese Arbeit nicht bei null", sagte Tschernew. "Wir haben eine Geschichte der Zusammenarbeit mit Trump, seinem Team und auch mit den Republikanern im Kongress." Man habe eigentlich viele Freunde unter den Republikanern im Kongress, so Tschernew. "In den vergangenen zwei Jahren haben die viel für uns getan."  

"Schlimmer wird es nicht"

Es ist vorsichtiger Optimismus. Vielleicht, so hoffen sie, könnte der unberechenbare Trump doch Entscheidungen treffen, die gut sind für die Ukraine. In diese vorsichtige Hoffnung aber mischt sich auch Enttäuschung über die eigenen Verbündeten.

Die westlichen Partner hätten nicht ausreichend geholfen, kritisiert Olena in Kiew. Sie habe den Eindruck, dass es schlimmer nicht werden kann. "Unter den Demokraten gab es zwar Unterstützung, aber sehr langsam, sehr unorganisiert. Wir mussten Monate warten." Die Republikaner würden vielleicht impulsiver sein, aber auch schnell. "Schlimmer wird es nicht, sondern entweder bleibt die Situation gleich oder verbessert sich."

Olena erinnert an Trumps letzte Präsidentschaft, in der Sanktionen gegen Russland verhängt wurden. "Amerika war das erste Land, das Waffen und militärische Unterstützung an die Ukraine geliefert hat. Daraus kann man gewisse Schlussfolgerungen ziehen."