Russisch-ukrainische Gespräche Kiew will feste Sicherheitsgarantien
Die Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew sind zäh, doch sie gehen weiter. Kiew unterstreicht seine Forderung nach Sicherheitsgarantien. Eine Neutralität nach schwedischem Vorbild - wie von Moskau gefordert - lehnt die Ukraine ab.
Die Kiewer Führung hat russischen Äußerungen zu einer möglichen Neutralität der Ukraine nach schwedischem Vorbild widersprochen. Was die Ukraine brauche, sei "ein mächtiger Pool an Unterstützern mit klar festgeschriebenen Sicherheitsgarantien", schrieb Präsidentenberater Mychajlo Poldoljak auf Telegram.
Mit dem Verweis auf angebliche Kiewer Vorschläge für eine Neutralität nach schwedischem oder österreichischem Vorbild versuche Moskau nur, die Initiative in den Verhandlungen zu gewinnen. "Die Ukraine befindet sich in einem direkten Krieg mit Russland", sagte Podoljak. Deshalb brauche es kein schwedisches oder sonstiges Modell, sondern ein "ukrainisches Modell": Sicherheitsgarantien von Partnern, die Waffen liefern, wenn das nötig sei, und den Himmel über der Ukraine schließen, wenn das Land aus der Luft angegriffen werde.
Selenskyi: "Gerechter, aber fairer Frieden für Ukraine"
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besteht bei den Verhandlungen mit Russland auf verlässliche Sicherheitszusagen. "Wir können und müssen jetzt kämpfen. Wir können und müssen unseren Staat, unser Leben, unser ukrainisches Leben verteidigen. Wir können und müssen einen gerechten, aber fairen Frieden für die Ukraine aushandeln, echte Sicherheitsgarantien, die funktionieren", sagte er in einer Video-Ansprache.
Er hatte sich zunächst über ein Ende des Krieges vorsichtig optimistisch geäußert. Die Verhandlungspositionen hörten sich realistischer an, sagte er in einer Videobotschaft. Bis die Ukraine zufrieden sein könne, dauere es aber noch. "Wir alle wollen so schnell wie möglich Frieden und Sieg", sagte Selenskyj. "Aber es braucht Mühe und Geduld. Es muss noch gekämpft und gearbeitet werden." Jeder Krieg ende mit einer Vereinbarung.
Putin bereit, über neutrale Ukraine zu sprechen
Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte unterdessen, er sei bereit, über einen neutralen Status der Ukraine - etwa nach schwedischem Vorbild - zu sprechen. "Wir waren und sind bereit, die Grundsatzfrage für unser Land und seine Zukunft - der neutrale Status der Ukraine, ihre Entmilitarisierung und ihre Entnazifizierung - im Rahmen von Verhandlungen zu diskutieren", so Putin in einer TV-Ansprache.
Der Moskauer Verhandlungsführer Wladimir Medinski hatte zuvor erklärt, bei einer Neutralität wolle die Ukraine eine eigene Armee mit Marine behalten. Ein neutraler Status würde bedeuten, dass die Ukraine auf einen Beitritt zur NATO verzichtet. Selenskyj hatte am Dienstag bereits gesagt, dass sein Land "anerkennen" müsse, dem westlichen Militärbündnis nicht beitreten zu können.
Medinski bezeichnete die Verhandlungen mit den Ukrainern als "langsam und schwierig". Der Kreml wolle aber "so schnell wie möglich zum Frieden kommen". Als Schlüsselfragen nannte er den Status der Krim, die Russland 2014 annektiert hatte, sowie den Status der pro-russischen Separatistengebiete in der Ostukraine, die Moskau als unabhängige "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk anerkannt hat.
Kuleba fordert "Entputinisierung"
Russland will mit dem Krieg seit 24. Februar einen NATO-Beitritt der Ukraine verhindern, das Nachbarland demilitarisieren und vermeintliche Nazis aus der Kiewer Führung entfernen. Anstelle dieser von Moskau verlangten "Entnazifizierung" forderte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba eine "Entputinisierung": Russland solle international von jedem Einfluss auf Politik, Wirtschaft, Energie, Kultur und anderen Bereichen abgeschnitten werden, twitterte er.
Lawrow sieht Hoffnung auf Kompromiss
Russlands Außenminister Sergej Lawrow sieht Chancen auf einen Kompromiss bei den Verhandlungen. Die Gespräche seien aus offensichtlichen Gründen nicht einfach. "Dennoch besteht eine gewisse Hoffnung, einen Kompromiss zu erzielen", sagte Lawrow dem Sender der russischen Zeitung "RBK". Es gebe bereits konkrete Formulierungen, "die meiner Meinung nach kurz vor der Einigung stehen»" Dabei geht es Lawrow zufolge darum, dass sich die Ukraine für neutral erklären soll. Dieses werde nun "ernsthaft diskutiert, natürlich in Verbindung mit Sicherheitsgarantien".