Zerstörung in der ukrainischen Frontstadt Pokrowsk

Ukraine-Gespräche in London Neuer US-Vorstoß - doch wenig Hoffnung auf Einigung

Stand: 23.04.2025 14:20 Uhr

Erneut sitzen europäische Vertreter gemeinsam mit den USA und der Ukraine an einem Tisch. Doch die Hoffnungen sind gedämpft. Denn ein neuer Vorstoß der Trump-Regierung zeigt, wie weit die Positionen derzeit auseinanderliegen.

In London kommen am Nachmittag Vertreter der Ukraine, der USA und europäischer Staaten für Gespräche über eine mögliche Waffenruhe und eine Beendigung des russischen Angriffskriegs zusammen. Die Beratungen sind jedoch weniger hochrangig besetzt als zunächst angenommen.

Ursprünglich war geplant, dass die Staaten von ihren Außenministern vertreten werden. Doch das britische Außenministerium teilte mit, stattdessen werde man auf Beraterebene miteinander sprechen. Das Außenministertreffen sei verschoben worden.

Zuvor war bekannt geworden, dass US-Außenminister Marco Rubio nicht bei dem Treffen dabei sein wird, wie die Sprecherin seines Ministeriums mitgeteilt hatte. Auch die Teilnahme des US-Sondergesandten Steve Witkoff wird nicht erwartet. Witkoff will im Laufe der Woche offenbar erneut nach Russland reisen. An den Gesprächen teilnehmen sollte aber der Ukraine-Gesandte der USA, Keith Kellogg.

Der britische Außenminister David Lammy teilte mit, er habe mit Rubio telefoniert. Großbritannien arbeite mit den USA, der Ukraine und Europa zusammen, um Frieden zu erreichen und "die illegale Invasion des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu beenden".

Europäer sitzen mit am Tisch

Die Ukraine wird hingegen von einer ranghohen Delegation vertreten. Andrij Jermak, der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes und wichtigster Berater von Wolodymyr Selenskyj, teilte mit, er sei gemeinsam mit Außenminister Andrij Sybiha und Verteidigungsminister Rustem Umerow nach London gereist. "Der Weg zum Frieden ist nicht einfach, aber die Ukraine war und bleibt den Friedensbemühungen verpflichtet", so Jermak.

Die Ukraine, Großbritannien, Frankreich, die USA und Deutschland hatten bereits am vergangenen Donnerstag in diesem Format in Paris beraten. Es war das erste Mal seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump, dass die Europäer bei direkten Gesprächen zwischen den USA und der Ukraine mit am Tisch saßen.

Deutschland wird in London durch den außen- und sicherheitspolitischen Berater des Bundeskanzlers, Jens Plötner, und den Politischen Direktor im Auswärtigen Amt, Günter Sautter, vertreten.

US-Vorstoß sorgt für Aufsehen

Im Zentrum der Beratungen dürfte ein weitreichender neuer Vorschlag stehen, den die US-Regierung übereinstimmenden Medienberichten zufolge der Ukraine vorgelegt hat. Dieser sehe eine inoffizielle Anerkennung der russischen Kontrolle fast aller seit Kriegsbeginn besetzten Gebiete in der Ukraine vor, berichtete das US-Nachrichtenportal Axios. Zudem würde ein kleiner Teil des von Russland besetzten Gebiets in Charkiw an die Ukraine zurückgegeben werden.

Die USA würden laut Axios im Gegenzug die seit 2014 gegen Russland verhängten Sanktionen aufheben. Der Washington Post zufolge schlagen die USA als Teil eines Friedensabkommens vor, die derzeitigen Frontlinien einzufrieren.

Russland reagiert zurückhaltend

Die Financial Times berichtete, Kremlchef Putin habe den USA eine solche Einstellung der Kampfhandlungen an der aktuellen Frontlinie angeboten. Im Gegenzug könnten die USA auf andere wichtige Forderungen Russlands eingehen, darunter die Anerkennung von Moskaus Souveränität über die 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim, so die Zeitung unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Zudem müsse sich die Ukraine von ihrem Ziel der NATO-Mitgliedschaft verabschieden.

Der Kreml reagierte zurückhaltend auf die Gespräche in London. Moskau lehne europäische Friedenstruppen weiterhin ab, so Kremlsprecher Dmitri Peskow. Der US-Vorschlag schließt diese Möglichkeit Berichten zufolge jedoch nicht aus. Demnach kommt auch die russische Forderung nach einer "Demilitarisierung" der Ukraine darin nicht vor. Peskow sagte, es gebe weiterhin "viele Nuancen" in den Verhandlungen - eine Formulierung, die Moskau in der Vergangenheit verwendete, um weitreichende Zugeständnisse einzufordern.

USA dringen auf schnelle Einigung

US-Präsident Trump und Außenminister Rubio hatten zuletzt mehrfach auf ein schnelles Übereinkommen gedrängt und gedroht, Washington könnte seine Bemühungen um einen Frieden einstellen, sollte es nicht bald zu einer Einigung kommen.

US-Vizepräsident JD Vance bekräftigte diese Drohung nun während seines Besuchs in Indien. Washington habe "sowohl Russen als auch Ukrainern einen sehr klaren Vorschlag unterbreitet", sagte Vance. "Es ist nun an der Zeit, dass sie entweder Ja sagen - oder aber, dass sich die USA aus diesem Prozess zurückziehen." Der US-Vizepräsident fügte hinzu, ein Einfrieren des Konflikts bedeute, dass "sowohl die Ukrainer als auch die Russen einen Teil des Gebiets in ihrem Besitz aufgeben müssen".

Selenskyj schließt Gebietsabtretungen aus

Vor den Beratungen in London schloss Präsident Selenskyj Gebietsabtretungen an Russland jedoch erneut kategorisch aus. "Da gibt es nichts zu bereden. Das steht außerhalb unserer Verfassung." Diese Gebiete gehörten dem ukrainischen Volk und er als Präsident habe bereits mehrfach erklärt, dass es keine Anerkennung der russischen Oberhoheit über diese Territorien geben könne.

Kiew und seine europäischen Verbündeten fordern eine vollständige Rückkehr zu den Staatsgrenzen vor der russischen Annexion der Krim 2014. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hatte eine Rückkehr der Ukraine zu ihren Grenzen aus dem Jahr 2014 dagegen als "unrealistisch" bezeichnet.

Ukraine zeigt sich offen für Waffenruhe

Gleichzeitig zeigte Selenskyj sich erneut bereit, einer Teilwaffenruhe mit Russland zuzustimmen. "Die Ukraine ist zu einer bedingungslosen Waffenruhe bereit, und wenn diese Waffenruhe teilweise ist, dann sind wir zu spiegelbildlichen Maßnahmen bereit." Als Beispiele führte er den Verzicht auf Angriffe auf Energieanlagen oder den Einsatz von weitreichenden Waffen an.

Für Selenskyj ist dabei die von Russland um den vergangenen Ostersonntag ausgerufene Waffenruhe ein Beleg, dass es einzig von Moskau abhängt, den Beschuss zu verringern. "Aber bis zu einer bedingungslosen Waffenruhe ist es noch sehr weit", unterstrich der Präsident.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. April 2025 um 12:00 Uhr.