Krieg gegen die Ukraine Armut, Arbeitslosigkeit - und Neuanfang
Der Krieg hat die Ukraine wirtschaftlich hart getroffen. Inflation und Arbeitslosigkeit sind hoch, viele Menschen sind auf Unterstützung angewiesen. Und manche haben ganz neu angefangen.
Etwa 1000 Pakete mit Milch, Brot, Wurst und Konserven geben die Helfer einer Ausgabe für Lebensmittel im ostukrainischen Kramatorsk täglich an Bedürftige aus. Viele Menschen in der Stadt im Donbass sind auf die Hilfe angewiesen, erklärt Helfer Sasha. "Keine Arbeit, kein Lohn, nichts zum bezahlen. Wer Geld hatte, hat es mittlerweile ausgegeben", sagt er.
Viele Einwohner haben Kramatorsk zu Kriegsbeginn verlassen. Jetzt kommen sie zurück und sind auf Unterstützung angewiesen. Die Ersparnisse sind aufgebraucht. Wirtschaftsanalystin Olga Bakanowa erklärt: "Natürlich gibt es eine minimale Unterstützung für diejenigen, die geflohen sind. Es gibt Hilfe für die Kinder von Geflüchteten, für diejenigen die aus den besetzen Gebieten nach Kiew oder in die Westukraine geflohen sind." Aber das seien keine großen Summen, mit denen man überleben könne.
Arbeitslosigkeit auf 35 Prozent gestiegen
Der Krieg hat die Ukraine wirtschaftlich schwer getroffen. Die Inflation ist hoch, wer noch Arbeit hat, bekommt oft nicht mehr das volle Gehalt ausgezahlt. Nach Einschätzung der Nationalbank ist die Arbeitslosigkeit im Land auf rund 35 Prozent gestiegen. Vor dem Krieg lag die Arbeitslosigkeit bei rund neun Prozent.
Doch nicht alle, die ihre Arbeit verloren haben, sind auf Lebensmittelspenden angewiesen. Die Mittel- und Oberschicht kann oft noch von Ersparnissen leben. So wie der Kiewer Alexander Odintsow. Vor dem Krieg war er in der Immobilienbranche tätig. "Als der Krieg begann hatte ich um 11 Uhr eine Verabredung für einen Vorvertrag in Irpin", erzählt er. "Aber um 10 Uhr waren schon die ersten Russen da, der Krieg war bereits im Gange. Und seitdem habe ich kein Geschäft mehr abgeschlossen."
Odintsows Familie lebt mittlerweile in Deutschland. Er selbst kann sich die Dinge des alltäglichen Bedarfs nur noch leisten, weil er zurzeit kostenlos bei Freunden wohnen kann. Noch vor wenigen Monaten konnte sich die Familie mehrere Urlaube im Jahr leisten. Es ging ihnen gut. "Die Aussichten sind, dass der Markt weiter einbrechen wird, bis der Krieg vorbei ist", glaubt er. "Zumindest in Kiew, weil Kiew seit den ersten Tagen des Krieges gefährdet ist."
Helme für die ukrainische Armee
Weil es nur für wenige Menschen in der Ukraine Hoffnung auf eine Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage gibt, haben einige in einem anderen Bereich ganz neu angefangen. Zwischen weiß gestrichenen und bunt bemalten Spanplatten werden in einer Industriehalle in Kiew Helme für die Armee produziert. Erst seit 30 Tagen gibt es die kleine Fabrik. Besitzer Severion Dangadze will Arbeitsplätze schaffen und gleichzeitig der ukrainischen Armee helfen. "Bei uns arbeiten im Moment etwa 90 Leute", sagt er. "Aber in zwei Wochen, wenn wir mit der vollen Produktion beginnen, werden es 150 sein. Wir wachsen ständig und zahlen gute Gehälter zwischen 700 und 2000 Euro."
Als der Krieg beginnt schließt sich Dangadze - wie viele Ukrainerinnen und Ukrainer - der Territorialverteidigung an. Doch es mangelt an Schutzkleidung wie Westen und Helmen. Zuerst kauft er welche aus dem Ausland - doch die ist teuer und verfügt nicht immer über entsprechende Qualität. Heute arbeiten in seiner Firma viele Menschen wie Valerii, der aus dem ostukrainischen Konstantinowka nach Kiew fliehen musste. "Zu Hause herrscht Krieg", berichtet er. "Kein Wasser, kein Gas, Strom gibt es noch. Deshalb sind wir hierhergezogen."
Mit dem Geld, das Valerii in der Helm-Fabrik verdient, kann er sich eine Wohnung und Lebensmittel leisten. Und ist nicht - wie viele andere Geflüchtete - auf humanitäre Hilfe angewiesen.