
Tote ukrainische Journalistin Schwere Foltervorwürfe gegen Russland
Die Leiche der ukrainischen Journalistin Roschtschyna wurde im Februar von Russland übergeben. Sie weist Recherchen zufolge Spuren schwerer Folter auf - aus russischer Haft? Möglicherweise wollte Russland die Todesursache vertuschen.
Ist die in russischer Haft gestorbene ukrainische Journalistin Viktoria Roschtschyna gefoltert worden? Das sollen Medienberichten zufolge ukrainische Ermittler bei der Untersuchung der Leiche der 27-Jährigen festgestellt haben. Wie aus einer gemeinsamen Recherche von Medien wie der Washington Post, des britischen Guardian, Ukrainska Prawda und des unabhängigen russischen Portals istories hervorgeht, wies die Leiche bei der Rückgabe Spuren von Folter auf. Auch seien Organe entnommen worden, was darauf hindeute, dass die Todesursache vertuscht werden sollte.
Die Journalistin war im Juli 2023 aus Kiew über Polen und das Baltikum nach Russland gereist und von dort wiederum in die von Russland besetzten Gebiete in der Ukraine. In der Region Saporischschja recherchierte sie zu mutmaßlichen russischen Foltergefängnissen. Dort wurde sie den Berichten zufolge Ende August festgenommen und zunächst in Melitopol gefangengehalten. Im Dezember wurde Roschtschyna nach Augenzeugenberichten bereits völlig ausgemergelt ins russische Taganrog überführt. Mehrfach kam sie ins Krankenhaus. Russland bestätigte erst im August 2024 ihre Festnahme.
Im September 2024 sollte die Journalistin im Rahmen eines Gefangenenaustauschs freikommen, wurde jedoch im letzten Moment von der Liste gestrichen. Einen Monat später teilte die russische Gefängnisbehörde den Angehörigen auf Anfrage mit, Roschtschyna sei gestorben. Ihre Leiche wurde im Februar 2025 übergeben - als Überreste eines angeblich unbekannten Mannes. Die Identifizierung gelang nur durch einen DNA-Test.
Gebrochene Rippe, Elektroschockspuren
Bei einer Obduktion von Roschtschynas Leiche fanden Mediziner "zahlreiche Zeichen von Folter und Misshandlung", zitierten die Medien nun in ihrer Recherche die Staatsanwaltschaft. Dazu gehörten eine gebrochene Rippe, Nackenverletzungen und mutmaßliche Spuren von Elektroschocks an den Füßen, erklärte der Leiter der Abteilung für die Untersuchung von Kriegsverbrechen bei der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft, Juri Belussow.
Zudem fehlten der Leiche nach Angaben aus Ermittlungskreisen mehrere Organe, darunter die Augen, der Kehlkopf und Teile des Gehirns. Möglicherweise sollten mit ihrer Entfernung Folterspuren vertuscht werden. Die genaue Todesursache habe wegen des Zustands der Leiche bislang jedoch nicht ermittelt werden können.
Kiew appelliert an internationale Gemeinschaft
Kiew rief die internationale Gemeinschaft zu einer Reaktion auf den Bericht auf. Das Problem der von Russland verschleppten und gefangen gehaltenen Zivilisten erfordere eine "sofortige und entschlossene Reaktion", erklärte Außenministeriumssprecher Georgiy Tychy. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev schrieb auf X: "So sieht russische Besatzung aus."
Tausende ukrainische Zivilisten werden in russischen Gefängnissen oder in besetzten ukrainischen Gebieten festgehalten. Laut NGOs und Medienberichten werden viele der Gefangenen gefoltert.