Völkerrecht Ukraine tritt IStGH bei - mit Einschränkung
Der Internationale Strafgerichtshof verfolgt Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Nun ist die Ukraine der Institution beigetreten. Allerdings mit einer siebenjährigen Ausnahme für ihr Militär.
Die Ukraine ist dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) beigetreten. Das Parlament in Kiew votierte mit 281 Stimmen dafür, das sogenannte Römische Statut des Strafgerichtshofs zu ratifizieren. Es gab eine Gegenstimme und 22 Enthaltungen. Die Ukraine hatte das Römische Statut zwar schon im Januar 2000 unterzeichnet, bisher aber nicht ratifiziert. Grund ist nun wohl die Hoffnung auf eine Bestrafung Russlands für mutmaßliche Kriegsverbrechen auf ukrainischem Gebiet.
In dem nun verabschiedeten Dokument ist allerdings festgelegt, dass die Ukraine die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs für Kriegsverbrechen sieben Jahre lang nicht anerkennen wird, wenn es um ukrainische Bürger geht. Hintergrund sind Befürchtungen der Armee, dass ihr Vorgehen im Kampf gegen russische Kräfte in einigen Fällen als Kriegsverbrechen angeklagt werden könnte.
Kuleba: "Historische Entscheidung"
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sprach im Onlinedienst X von einer "historischen Entscheidung". "Die Ukraine hat bereits wirksam mit dem IStGH zusammengearbeitet, um eine umfassende Rechenschaft für alle russischen Gräueltaten zu gewährleisten, die im Zuge der russischen Aggression begangen wurden", erklärte Kuleba. "Diese Arbeit wird jetzt noch effektiver funktionieren", versicherte der Außenminister. Mit der Entscheidung habe sein Land zudem "einen bedeutenden Schritt in Richtung eines EU-Beitritts" gemacht.
Die Europäische Union hatte Kiew bereits mehrfach zu diesem Schritt gedrängt, der in der Ukraine allerdings umstritten ist. Vertreter des Militärs befürchten, der Strafgerichtshof könnte auch ukrainische Soldaten für mutmaßliche Verbrechen während des Kriegs gegen Russland verfolgen.
Berlin begrüßt Schritt
Das Auswärtige Amt in Berlin begrüßte die Ukraine als 125. Vertragsmitglied des IStGH. "Russlands Krieg gegen die Ukraine ist auch ein brutaler Angriff auf das Völkerrecht", erklärte das Auswärtige Amt im Onlinedienst X. "Die Ratifizierung des Römischen Statuts durch die Ukraine ist ein wichtiges Signal, das Völkerrecht und den IStGH stärkt."
IStGH-Haftbefehl gegen Putin
Der Gerichtshof mit Sitz in Den Haag verfolgt seit 2002 besonders schwerwiegende Vergehen wie Kriegsverbrechen. Er kann Haftbefehle erlassen, die in allen 125 Unterzeichnerstaaten des Römischen Statuts gültig sind. Bereits unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 hatte der IStGH Ermittlungen aufgenommen.
Im März 2023 erließen die Richter wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. In IStGH-Mitgliedsstaaten droht dem Kreml-Chef daher die Verhaftung. Russland erkennt den IStGH, genau wie die USA, nicht an.